1,80 Meter groß, schlank, ein attraktives Gesicht mit hohen Wangenknochen und lange braune Haare - keine Frage, Melania Trump ist eine Erscheinung. Bis heute war die 46-Jährige vor allem: ein Ex-Model, außerdem die dritte Gattin des 24 Jahre älteren Donald Trump, mit dem sie Sohn Barron hat. Jetzt wird sie die nächste First Lady der USA. Doch welche Person steckt hinter dem Namen Melania Trump?
Sicher ist, dass sie am 26. April 1970 in Slowenien als Melanija Knavs geboren wurde, andere biografische Angaben sind ungenau oder widersprüchlich. So hatte sie etwa in ihrem Lebenslauf geschrieben, dass sie vor ihrer Einwanderung in die USA ein Studium in Design und Architektur abgeschlossen habe. Doch Journalisten des Magazins New Yorker fanden heraus, dass sie ihr Studium in Ljubljana abgebrochen hatte, um nach Mailand und Paris zu gehen und ihre Modelkarriere zu verfolgen.
1996 wechselte die junge Frau nach New York, arbeitete mit verschiedenen bekannten Fotografen und war auf den Covern von Harper's Bazar, Vanity Fair, GQ und Sports Illustrated zu sehen. 1997 veröffentlichte das Magazin Max Nacktfotos von ihr. Heute vertreibt die 46-Jährige unter ihrem Namen eine Kosmetik-Linie und eine Schmuckkollektion über den Homeshopping-Sender QVC.
Nun also First Lady. Wird Melania Trump ihrer neuen Rolle gewachsen sein? Bisher scheint es, als würde sie sich die Aufgabe selbst nicht zutrauen, das konnte man etwa im Juli auf dem Parteitag der Republikaner beobachten: Ihre bisher einzige wichtige Rede - politisch harmlos und angepasst - erregte vor allem dadurch die Gemüter, dass sie ganze Passagen einer früheren Ansprache von Michelle Obama enthielt. Von da an war Melania Trump bei öffentlichen Auftritten wieder vorwiegend als dekorative Begleitung an der Seite ihres Mannes zu sehen. Inhaltlich ließ sie nur über Pressemitteilungen von sich hören.
Einmal musste die Ehefrau des künftigen Präsidenten dann aber doch Stellung beziehen: Als das "Pussygate"-Video aus dem Jahr 2005 auftauchte, in dem sich Donald Trump vulgär über Frauen ausließ, trat die 46-Jährige sogar vor die Kameras von Fox News und CNN.
Der Kontrast zur emotionalen Rede von Michelle Obama, die eindringlich vor der Verharmlosung von sexueller Belästigung gewarnt hatte, konnte nicht größer sein: Die Aussagen ihres Ehemannes seien "unangemessen", aber vor allem "Jungs-Gerede" gewesen, wiegelte sie Trumps Sätze ab. "Wenn Jungs heranwachsen, dann reden sie so über Mädchen." Dass der "Junge" damals bereits 59 Jahre alt war, schien dabei nicht von Belang. Melania zufolge war Donald Trump selbst ein Opfer. Er habe wohl nicht gewusst, dass ein Mikrofon angeschaltet war und sei von Moderator Billy Bush dazu angestachelt worden, "dreckige und schlimme Sachen zu sagen".
Sollten Trumps obszöne Äußerungen über Frauen und sexuelle Übergriffe sie verletzt haben, so ließ sie es sich nicht im Geringsten anmerken. Melania Trump ist nicht der Typ, der sich emotional outet. Gut erzogen, ansonsten eher reserviert, schon als Kind soll sie so gewesen sein, wie ehemalige Klassenkameradinnen dem Sender CNN sagten. Öffentliche Wutausbrüche hat man von ihr nicht zu erwarten - dass sie spontan Witze reißt ebensowenig. Dafür liefert sie roboterhaft bedingungslose Loyalität zum künftigen US-Präsidenten, wie in den vergangenen Wochen des Wahlkampfes immer wieder zu beobachten war.
Dennoch - oder gerade deshalb - belegt den Job der wahren First Lady derzeit noch eine andere: Ivanka Trump, Tochter aus Donald Trumps erster Ehe. Ivankas Namen nennt Vater Donald als erstes auf die Frage, auf wen er sich am meisten verlassen kann. Sie ist, nach drei Ehen und diversen Affären, die weibliche Konstante in seinem Leben. Ihre Aufgabe im Wahlkampf war vor allem, Donald Trump als Familienmenschen zu rehabilitieren und seinen miesen Ruf als Frauenfeind zu widerlegen.
Ivanka gab nicht nur Interviews, sondern reiste - schwanger mit Kind Nummer drei - durch Iowa, New Hampshire und South Carolina, um auf eigenen Veranstaltungen für ihren Vater zu werben. Sie gilt als effektiver Weichspüler von Trumps Image - eine Eigenschaft, die Melania eindeutig fehlt: Als Trumps Ehefrau vergangene Woche - nach viermonatiger Pause - schließlich doch eine weitere Wahlkampfrede hielt, ließ sie die Chance, ein nahbares, sympathisches Bild des Präsidentschaftskandidaten zu zeichnen, ungenutzt.
Keine persönlichen Informationen aus dem Privatleben, keine Anekdoten über den Mann an ihrer Seite, mehr als PR-Sprech bekommen die Wähler nicht zu hören: "Er ist sehr klug und charmant, wir haben eine großartige Energie zwischen uns", heißt es da. Oder: "Wir sind beide sehr unabhängig (...) Ich sage ihm, wenn ich nicht mit ihm übereinstimme. Manchmal hört er zu, manchmal aber auch nicht." Statt eigene Botschaften in ihrer Rede zu vermitteln, wiederholte sie vor allem Parolen ihres Mannes: "Lasst uns Amerika wieder großartig machen" und "Das ist keine normale Kampagne, das ist eine Bewegung".
Melania Trump erscheint im Trump-Universum weniger als leuchtender Stern - sondern eher wie ein ausgleichender Mond, der um den polternden Donald-Planeten kreist. Auch sonst repräsentiert die Verbindung zwischen dem Republikaner und der gebürtigen Slowenin einige Gegensätze: Mit Melania Trump, die fünf Sprachen beherrscht, darunter Deutsch, bekommt Amerika die erste First Lady, die in einem kommunistischen Land geboren wurde und (nach John Quincy Adams' Frau Louisa) die zweite, die nicht in den USA zur Welt kam. Und das, obwohl Trump nicht gerade bekannt für seine Toleranz gegenüber Einwanderern ist.
Doch Trumps Gattin, die Englisch mit starkem Akzent spricht, plagen offenbar andere Sorgen: "Unsere Kultur ist rau und gemein geworden", klagte sie in ihrer Rede. Merkwürdig anmutende Worte aus dem Mund einer Frau, deren Mann im Wahlkampf ganze Bevölkerungsgruppen beleidigt hat.
A propos Widerspruch: Nach ihrer Einwanderung in die USA soll die gebürtige Slowenin zunächst mehrere Wochen illegal gearbeitet haben. Vom 27. August bis zum 18. Oktober 1996 erhielt das ehemalige Model Aufträge in Höhe von umgerechnet 18 000 Euro, obwohl sie noch keine Arbeitserlaubnis besaß. Ein brisantes Detail, nicht zuletzt deshalb, weil Ehemann Donald Trump immer wieder gegen illegale Immigranten wettert und im Falle seiner Präsidentschaft ein hartes Vorgehen gegen nicht registrierte Einwanderer angekündigt hat.
Diesen Widerspruch zu beleuchten, versteht Melania jedoch nicht als ihre Aufgabe. Vielmehr sieht die Mutter eines Zehnjährigen sich in der Rolle der "Anwältin von Frauen und Kindern" und will sich unter anderem gegen Cyber-Mobbing engagieren. Eine diplomatische Entscheidung: Kinder - und neuerdings auch Frauen - gehören nicht zu Donald Trumps Feindbildern. Dann ist wenigstens im Weißen Haus die Stimmung tipptopp.