Meinungsfreiheit:"Schwarze Listen" von ausländischen Journalisten?

Meinungsfreiheit: Die niederländische Journalistin Ebru Umar hatte auf Twitter kritische Kommentare über den türkischen Präsidenten verfasst. Am Montag kam sie nach vorübergehender Haft wieder frei.

Die niederländische Journalistin Ebru Umar hatte auf Twitter kritische Kommentare über den türkischen Präsidenten verfasst. Am Montag kam sie nach vorübergehender Haft wieder frei.

(Foto: AFP)

Seit dem erneuten Aufflammen des Kurdenkonflikts im vergangenen Sommer ist die Zahl der Repressionen gegen Berichterstatter in der Türkei nach oben geschnellt, inländische wie ausländische. Ulrike Gruska von Reporter ohne Grenzen erkennt einen "deutlichen Zusammenhang".

Es sei "ein verbreitetes Muster", sagt Gruska, dass Journalisten mit Terroristen gleichgesetzt würden. Wer wohlwollend über kurdische Aktivitäten oder die Bewegung des Predigers und Erdoğan-Gegners Fethullah Gülen berichte, werde vom Staatspräsidenten als Handlanger der Terroristen geschmäht und vor Gericht gezerrt.

Nachdem vor wenigen Tagen einem Reporter der Bild-Zeitung in Istanbul am Flughafen die Einreise verweigert worden war, weil sein Name auf einer Liste stehe, hat sich eine Debatte um sogenannte "schwarze Listen" entwickelt. Europaparlamentspräsident Martin Schulz sagte daraufhin der Zeitung: "Listen mit Journalistennamen haben in Demokratien nichts zu suchen."

Die Grünen haben eine Aktuelle Stunde im Bundestag zum "Umgang mit Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei" beantragt. Dabei soll es auch um die schwarzen Listen gehen. Der Deutsche Journalisten-Verband unterstützt diesen Antrag der Grünen. "Ausländische Journalisten müssen frei arbeiten können", sagt Britta Haßelmann der SZ. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen fordert, dass die Bundesregierung gemeinsam mit ihren europäischen Partnern eine deutliche Haltung gegenüber dem türkischen Präsidenten einnimmt, der die freie Presse unterdrückt.

Die türkische Regierung wehrt sich indes gegen den Verdacht, solche Listen über unliebsame Journalisten zu führen. "Es gibt keine schwarze Liste", sagte ein Regierungsvertreter, der ungenannt bleiben wollte, der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul. Wenn Reporter an der Einreise gehindert würden, "dann liegt das nicht an deren Meinung oder Berichterstattung".

Seit vergangenem Sommer müssen immer mehr ausländische Journalisten das Land verlassen oder dürfen gar nicht erst einreisen. Erst am Wochenende wurde die niederländische Journalisten Ebru Umar in der Türkei vorübergehend festgenommen, weil sie auf Twitter Kritik am Präsidenten geübt hatte. Am selben Wochenende ist einem Medienbericht zufolge in ihre Wohnung in Amsterdam eingebrochen worden. Umar vermutet demnach einen Zusammenhang.

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