Iran:Die Europäer wagen den Aufstand gegen Trump

Generaldebatte der UN-  Vollversammlung

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif am Montag in New York.

(Foto: dpa)

Brüssel versucht Iran mit seiner speziellen neuen Bank zu besänftigen. Bis im Weißen Haus - möglichst schon in zwei Jahren - wieder Vernunft eingekehrt ist.

Kommentar von Paul-Anton Krüger

Die Europäer wagen den Aufstand gegen Donald Trump. Bereits am Vorabend der Rede, die der US-Präsident an diesem Dienstagabend vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen halten will, sagten sie ihm beim großen Streitpunkt Iran den Kampf an. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem iranischen Außenminister Mohammad Javad Zarif gab die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bekannt, die EU werde eine Zweckgesellschaft gründen mit dem Ziel, den Zahlungsverkehr mit Iran aufrechtzuerhalten. Zweck dieser Bank: Trumps Sanktionen gegen Iran umgehen.

Die Europäer, Russland und China knüpfen daran die Hoffnung, das Atomabkommen mit Teheran erhalten zu können, auch wenn die USA am 4. November ihre Strafmaßnahmen gegen die iranische Ölindustrie und die Zentralbank des Landes wieder in Kraft setzen. Ob das reicht, um das Abkommen zu retten, weiß niemand, aber immerhin: Es ist ein erster, konkreter Schritt.

Iran hat seinen Verbleib in dem Abkommen davon abhängig gemacht, dass das Land weiter in den Genuss wirtschaftlicher Vorteile kommt und die verbliebenen Vertragsparteien der Islamischen Republik Kompensation leisten für den Schaden, der aus Trumps Vertragsbruch entsteht. In vollem Umfang ist das allerdings nicht möglich. Die meisten großen europäischen Unternehmen und Banken haben ihren Rückzug aus Iran angekündigt, was Trump als Erfolg seiner Strategie wertet. Unter dem Strich ist für die Unternehmen der Zugang zu Markt und Finanzsystem der größten Wirtschaftsmacht der Welt wichtiger als Geschäfte in Iran. Das Land ist ein interessanter Markt mit 80 Millionen Menschen in einer Schlüsselregion, aber mit einer Wirtschaftsleistung von etwa 430 Milliarden Dollar etwa so bedeutend wie Belgien oder Österreich.

Auch die europäische Wirtschaft profitiert von der neuen Maßnahme

Die iranische Wirtschaft leidet bereits, die Währung verfällt, die Inflation steigt - und mit ihr die Unzufriedenheit der Menschen. Genau das will Trump erreichen. Allerdings hat Iran bald 40 Jahre Erfahrung mit Sanktionen und ein Durchhaltevermögen, das man nicht unterschätzen sollte. Der Wert des Atomabkommens bemisst sich für Teheran maßgeblich daran, ob man weiterhin Öl exportieren kann. Die iranische Ölausfuhren sind bereits um etwa ein Viertel gesunken, seit Trump das Abkommen im Mai aufgekündigt hat. China, Indien und die Türkei aber haben erklärt, weiter den Rohstoff abzunehmen. Wenn Europa einen Finanzierungskanal bereitstellen kann, diese Geschäfte in harten Devisen, mutmaßlich Euro, abzuwickeln, würde das Iran sehr helfen.

Damit verbindet sich die Erwartung, dass die iranische Führung Ruhe bewahrt. Viele europäische Diplomaten geben sich überzeugt: Die Regierung von Präsident Hassan Rohani versteht, dass sie nichts gewinnen kann durch eine Aufkündigung des Atomabkommens und eine Rückkehr zur Urananreicherung im industriellen Maßstab. Das würde Europa zwingen, selbst wieder Sanktionen zu verhängen. Nur liegt diese Entscheidung nicht in den Händen des Präsidenten, sondern des Obersten Führers Ali Chamenei. Und der äußert sich wesentlich unversöhnlicher als Rohani.

Die Europäer wollen kleine und mittlere Unternehmen, die kein USA-Geschäft haben, ermuntern, in Iran tätig zu werden. Insofern dient die geplante Zweckgesellschaft nicht nur europäischen Sicherheitsinteressen - also dem Ziel, Irans Atomwaffenpläne und eine Eskalation bis hin zu einem Krieg zu vermeiden. Sie bringt auch der Wirtschaft in Europa konkreten Nutzen. Letztlich aber müssen die Europäer darauf hoffen, dass im Weißen Haus bald wieder Vernunft einkehrt - möglichst schon in zwei Jahren, mit der Abwahl von Donald Trump. Der eigentliche Zweck dieser sehr speziellen Bank der Europäer ist also vor allem: Zeit kaufen.

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