Meine Presseschau:Von Tauben in Falken verwandelt

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Lea Deuber ist Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung in Peking. Mit Sorge beobachtet sie, wie deutsche Manager zur Verletzung von Grundrechten in China schweigen, um ihren Umsatz und ihre Boni nicht zu gefährden. (Foto: N/A)

Wie weit ein neuer Kalter Krieg schon fortgeschritten ist, zeigt ein Blick in chinesische Zeitungen und solche, die über China berichten.

Von Lea Deuber

Um einen Einblick in das Denken der chinesischen Regierung zu gewinnen, empfiehlt sich ein Account bei Twitter. Zwar ist der Kurznachrichtendienst in China gesperrt, trotzdem betreiben fast alle Staatsmedien eigene Accounts. Dort bombardieren sie die internationale Leserschaft mit Pekings Sicht auf die Welt. Dessen Agenda erklären sie dort häufig klarer, als sie das in heimischen Medien tun. Wer im Fall um die verhaftete Huawei-Managerin dem Twitter-Kader der KP und den US-Medien folgt, ahnt, dass Zeitungen wie die malayische New Straits Times mit ihren Vermutungen eines heraufziehenden neuen Kalten Krieges falsch liegen. Wir befinden uns bereits mitten darin.

Für die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua, deren Berichte von der stark zensierten Presse landesweit gedruckt werden müssen, ist die Sache klar: "Kanadas Missetaten, die gesetzeslos, unvernünftig und gefühllos sind", haben den Beziehungen zu China erheblichen Schaden zugefügt. Das Land behaupte zwar, für Menschenrechte einzustehen. Mengs Festnahme sei aber eine Verletzung eben dieser Rechte. Die Agentur empfiehlt dem Land deshalb, "nicht länger starrköpfig" zu sein - sonst würden ernsthafte Konsequenzen drohen.

Twitter ist auch deshalb ein guter Ort, um die Blackbox China zu verstehen, weil die Presse im Land zum Fall Huawei inzwischen zensiert wird. So ist die Anweisung an alle Medien im Land, keine eigenen Berichte über die Verhaftung zu schreiben. Nur was über die offiziellen Kanäle des staatlichen Fernsehsenders CCTV, der Volkszeitung und der Xinhua läuft, darf verbreitet werden. Das Volk soll nicht denken, Peking habe nicht alles im Griff.

Für die Propaganda im Ausland gelten aber andere Gesetze. So hat man auch der englischsprachigen Ausgabe der staatlichen Global Times scheinbar noch keinen Maulkorb verpasst. Chefredakteur ist Hu Xijin, seit August 2014 bei Twitter. Kurz nach Bekanntwerden von Mengs Festnahme hatte er gefordert, "ein bis zwei Amerikaner" zu verhaften, um sich an den USA zu rächen. "Darin ist China sowieso besser." Nun hat es erst einmal zwei Kanadier erwischt. Sie sind in dieser Woche in China verschwunden. Kanada ist in die Zänkerei der USA und China geraten, stellt die New York Times nüchtern fest. Die Global Times beruhigt indes. Bebildert mit einem glücklich lächelnden Ausländer versichert sie in einem Kommentar, China heiße Fremde immer willkommen. 780 000 Kanadier hätten das Land dieses Jahr bisher besucht: Kein in China lebender Kanadier müsse sich Sorgen machen. Zumindest solange er sich an die Gesetze halte.

Die South China Morning Post mit Sitz in Hongkong, die dem Alibaba-Gründer Jack Ma gehört, geht einem anderen Gedanken nach. Die Debatte über die Huawei-Managerin zeige, wie sehr sich die Meinung vieler langjähriger China-Beobachter verändert habe, so das Blatt. Viele von ihnen hätten stets moderate Meinungen vertreten und fest an eine Öffnung des Landes geglaubt. Das sei mittlerweile anders. Die Hongkonger Zeitung sieht bei ihnen eine Verwandlung "von Tauben in Falken".

© SZ vom 15.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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