Meine Presseschau:Viel Lärm um sehr wenig

Russlands Medien beobachten jedes Detail des Besuchs von Kim bei Putin. Der Ertrag ist eher bescheiden.

Von Silke Bigalke

Die russischen Medien verfolgten jede Kleinigkeit dieser Reise. Sie zeigten den Dreck auf dem gepanzerten Zug, der Kim Jong-un nach Russland gebracht hatte. Fragten sich, warum dessen Jackett so merkwürdig saß, als er Wladimir Putin die Hand schüttelte. Schrieben von der Münze, die der russische Präsident ihm in die Hand drückte, um symbolisch für das Schwert zu bezahlen, das Kim mitgebracht hatte. Nach russischem Aberglauben bringt es Unglück, spitze Waffen als Geschenk anzunehmen.

Die Journalisten berichteten das alles wohl auch, weil es wenig Greifbares gab. "Die Verhandlungen Putins und Kims in Wladiwostok wurden, wie erwartet, keine Sensation", schrieb die boulevardeske Tageszeitung Moskowski Komsomolez. Trotzdem habe es in den russischen Medien mehr Lärm um dieses Treffen gegeben als um den Helsinki-Gipfel zwischen Putin und Trump. Dabei könne Russland lediglich dazu beitragen, dass die Verhandlungen zwischen den USA und Nordkorea wieder auf einen konstruktiven Weg finden, "während das entscheidende Wort in jedem Fall Trump hat".

Häufig war von der Symbolik des Treffens die Rede, das Putin und Kim nutzten, um ihr internationales Gewicht zu stärken. Beide Seiten hätten ihre Ziele in Wladiwostok erreicht, schrieb Konstantin Kossatschow, Vorsitzender des Ausschusses für internationale Angelegenheiten des russischen Föderationsrates, auf der Internetseite von Echo Moskau: Kim Jong-un habe gezeigt, dass Pjöngjang "nicht von China allein lebt", und Russland habe seine Rolle als internationaler Spieler bestätigt, "ohne den die Schlüsselprobleme der Welt nicht entschieden werden". Die Meinung, dass das erste Treffen der beiden vor allem symbolischen Charakter hatte, teilte er nicht. "Unsere Länder bringt auch näher, dass sie beide amerikanischen Sanktionen ausgesetzt sind", schrieb der Politiker. Daher sei man gezwungen gewesen, "nicht so stark das koreanische, sondern das amerikanische Problem zu behandeln".

Die Tageszeitung Nesawissimaja Gaseta schrieb, Russland sei trotz "äußerst gespannter Beziehungen" zu den USA bereit, die Normalisierung zwischen Pjöngjang und Washington zu unterstützen. In Wladiwostok sei klarer geworden, was "das Haupthindernis in der Lösung des Atomproblems" sei; gemeint waren die Sicherheitsgarantien, die Kim Jong-un für sein Regime haben möchte, bevor er der Abrüstung zustimmt. Putin habe Kim versprochen, die USA über seine Sorgen zu informieren. Der Kommersant ging weiter: Solche Garantien seien wohl gegen Trumps "ganzes Wesen", schrieb die Zeitung. "Und Kim Jong-un möchte wohl, dass Wladimir Putin sie jetzt in seinem Namen formuliert."

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