Meine Presseschau:Showdown in London

Steuert Premierministerin Theresa May souverän durchs Brexit-Chaos - oder steht sie allein da und ist faktisch am Ende? Die Zeitungen in Großbritannien kommentieren die Lage der Regierung höchst unterschiedlich.

Von Catherine Hoffmann

Die britischen Tageszeitungen kennen derzeit nur ein Thema: das Brexit-Chaos. Sie kommentieren Theresa Mays Führungsprobleme und die Rücktritte von Austritts-Minister Dominic Raab und Arbeitsministerin Esther McVey. Einige sind der Meinung, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Premierminister zum Rücktritt gezwungen wird. Andere stärken ihr den Rücken.

Die Daily Mail zum Beispiel vermisst Respekt und Loyalität in der konservativen Partei. Die Zeitung beschimpft Mays Kritiker als "schwadronierende Saboteure", "Vandalen" und "minderwertige Attentäter", die "keinen großen Plan" hätten und Großbritannien mit einem harten Brexit in den "ökonomischen Selbstmord" treiben wollten. Das Blatt verteidigt das Brexit-Abkommen, das May mit der EU ausgehandelt hat. "Die Tatsache, dass harte Brexiteers den vorgeschlagenen Deal für zu weich halten und weiche Brexiteers ihn für zu hart halten, deutet darauf hin, dass sie ihren Weg durch das Minenfeld mit beträchtlichem Geschick geplant hat", schreibt Daily Mail.

Die konservativ-liberale Times sieht May dagegen als "einsame" Regierungschefin, geschwächt durch die Welle von Rücktritten und einen Putschversuch. Nun sei sie der Willkür ihrer "verbleibenden Brexit-Kabinettsmitglieder ausgeliefert". Die dreistündige Debatte im Unterhaus habe gezeigt, wie schwierig es für May sein werde, den Deal durch das Parlament zu bringen. Tory-Hinterbänkler behaupten dort, der Entwurf für einen Exit sei "bei Ankunft tot" gewesen; nur eine Handvoll der konservativen Abgeordneten sprach sich für den Plan aus.

Der Guardian konzentriert sich auf die Bemühungen der Premierministerin, die Partei zusammenzuhalten, den Brexit-Vertrag und ihren Job zu retten. "Sie herrscht, indem sie Menschen zermürbt und betont, dass niemand eine bessere Alternative kennt; so ist sie zur Führerin geworden, so hat sie trotz aller Vorbehalte in der Partei überlebt, und so wird sie jetzt versuchen, alle Initiativen abzuwehren, sie aus dem Amt zu drängen." Die Kolumnistin des Guardian ist nicht davon überzeugt, dass ihr das gelingen wird - ein anderer müsse jetzt die "Teile wieder zusammenkleben".

Das Wirtschaftsmagazin Economist hofft, dass die Briten darüber abstimmen dürfen, ob sie für oder gegen Mays Brexit-Abkommen sind. "Die Brexiteers haben das Unmögliche versprochen - alle Vorteile einer EU-Mitgliedschaft ohne jeden Nachteil; es war unausweichlich, dass dem die Desillusionierungen folgen würde." Diese unbarmherzige Logik habe ausgerechnet "Peoples's Vote" geholfen stark zu werden - unter dem Schlagwort werben Brexit-Gegner für ein neues Referendum. Bislang habe der Kampagne alles gefehlt was es für einen politischen Erfolg brauche: einen charismatischen Anführer, eine starke Organisation und eine gemeinsame Identität. People's Vote erinnert den Economist eher an Monty Python's "Volksfront von Judäa". Aber genau diese Schwäche helfe der Bewegung jetzt, weil sie keiner Partei verbunden sei und das gesamte politische Spektrum erreichen könne.

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