MEINE PRESSESCHAU:Kriegsjubel und Staatstreue

Was die türkischen Medien zur Invasion in Nord-Syrien und über die EU schreiben

Von Deniz Aykanat

Ein Blick in die türkische Presse sagt weniger über die Stimmung und Ansichten im Land als darüber, wie gut die Regierung ihre Sicht der Dinge unters Volk bringt. Sieht man sich die Berichterstattung zur türkischen Invasion in Nordsyrien an, kann man nur zu dem Schluss kommen: Sie hat Erfolg auf ganzer Linie. Vor allem seit 2016 torpediert die Regierung die Pressefreiheit. Die Türkei ist das Land mit den meisten inhaftierten Journalisten weltweit. Nur noch wenige kritische Stimmen sind aus den Ruinen der türkischen Presselandschaft zu erwarten.

Die Kommentatoren, wichtige öffentliche Figuren in der Türkei, stimmen mehrheitlich in den Kriegsjubel mit ein, den die Regierung vorgibt. "Die Türkei ist in der Liga der Giganten angekommen", schreibt etwa Ibrahim Karagül in der Yeni Şafak. Und Europa? Die türkische Regierung stilisiert die EU seit Längerem zu einem feindlichen Verein, der die Türkei zwar nicht haben, das Land aber als Flüchtlingslager nutzen will. Womit sie nicht ganz unrecht hat. Die Medien nehmen das dankbar auf. Europa und vornehmlich Deutschland, die bei den Verhandlungen zwischen der Türkei, den USA und Russland nichts zu sagen hatten, werden jetzt mit Häme überschüttet.

Die Zeitung Sabah zeigt als Reaktion auf den Vorschlag Annegret Kramp-Karrenbauers, eine international kontrollierte Sicherheitszone im syrischen Grenzgebiet zu errichten, die deutsche Verteidigungsministerin in einer Fotomontage mit Heiko Maas und Norbert Röttgen als Tölpeltrio. Dazu die Überschrift, frei übersetzt: "Na, auch schon aufgewacht!?"

Hoffnung auf kritische Berichterstattung gibt das Nachrichtenportal T24 mit ausgeruhten Analysen des renommierten türkischen Politikwissenschaftlers Soli Özel. T24 und ähnlichen Portalen wird oft die Schließung angedroht.

Deniz Aykanat MRB Leute
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