Meine Presseschau:Heftig und kontrovers

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Illustration: Bernd Schifferdecker (Foto: Bernd Schifferdecker)

In Skandinavien diskutieren die Medien über Flüchtlinge. In Dänemark fürchten viele, Flüchtlinge kämen wegen der Sozialleistungen.

Ausgewählt von Silke Bigalke

Viele Menschen, die aus Syrien, dem Irak oder Eritrea fliehen, zieht es nach Schweden, Dänemark und Norwegen. Mit den Flüchtlingen nimmt auch die Zahl jener Skandinavier zu, die die Asylsuchenden verdächtigen, es nur auf ihre großzügigen Sozialleistungen abgesehen zu haben. Besonders in Dänemark. Die neue liberale Regierung in Kopenhagen hat gleich nach der Wahl im Juni beschlossen, die Hilfen für Asylbewerber zu kürzen. Integrationsministerin Inger Støjberg möchte Flüchtlinge mit Anzeigen in ausländischen Zeitungen darüber informieren, dass es sich nicht lohnt, nach Dänemark zu kommen.

Richtig so, findet die rechtsliberale Zeitung Jyllands-Posten. Sie hatte schon vor Støjbergs Einfall berichtet, dass Schmugglerbanden Flüchtlinge darüber informierten, welche Hilfen sie in Dänemark erwarten könnten. Es überrasche nicht, wie viele Menschen bereit seien, den Preis dafür zu zahlen, nach Dänemark zu kommen. Die Aussicht darauf, "vergleichsweise schnell mit der Familie wiedervereint werden zu können, auf einen netten Monatslohn, eine schnelle Sachbearbeitung und eine möblierte Wohnung", dürfte alles andere aufwiegen. "Das Überraschende ist, dass es immer noch Politiker gibt, die hartnäckig bestreiten, dass die Höhe der Leistungen und die allgemeinen Bedingungen gar keine Bedeutung für die Menschen haben, die Kurs auf Europa setzen."

Politiken aus Kopenhagen dagegen schreibt, dass Støjbergs Kampagne dem Ruf Dänemarks schaden werde. Eigentlich wolle die Regierung, dass Dänemark internationale Anerkennung sucht und "Verantwortung übernimmt - auch wenn es schwer ist". Die geplante Zeitungsanzeige im Ausland zur Abschreckung von Flüchtlingen stehe dem entgegen. "Es ist nicht klar, ob sich Menschen auf der Flucht vor Krieg, Verfolgung und Hoffnungslosigkeit hinsetzen und Zeitung lesen." Wahrscheinlich sei, dass sie die Anzeige gar nicht entdeckten und ihr Reiseziel davon nicht beeinflusst werde. Sicher würden jedoch andere im Ausland den Text lesen - und sie kaum als Ausdruck dafür sehen, "dass Dänemark internationale Anerkennung sucht, geschweige denn, Verantwortung übernehmen will. (. . .) Sie werden in der Anzeige eher den Beweis für das finden, was sie befürchten: dass sich die neue Regierung den rechtspopulistischen Kräften unterordnet."

Im Nachbarland Schweden möchte kein Politiker der anderen Parteien mit den Rechtspopulisten etwas zu tun haben. Bereits während des dänischen Wahlkampfs hatte das Aftonbladet geschrieben: "Dieses Dänemark kennen wir nicht." Keine Hauptstadt liebten die Schweden mehr als Kopenhagen. In Dänemark seien die Wurst rot, das Bier schäumend und die Menschen ein wenig glücklicher. "Bis 2001, da wurden alle zu Rassisten." Damals regierten in Kopenhagen erstmals die Liberalen mit Unterstützung der Rechtspopulisten - genau wie jetzt. "Das Dänemark, das wir kannten, ging unter in einem Strom aus fremdenfeindlicher Rhetorik und einer härteren Haltung gegenüber Flüchtlingen."

Die konservative norwegische Zeitung Aftenposten setzt sich differenziert mit dem dänischen Vorschlag auseinander. "Wir sollten potenziellen Asylsuchenden die Wahrheit darüber sagen, was sie erwartet, wenn sie nach Norwegen kommen", schreibt sie. So sei es schwieriger, einen Job oder eine Wohnung zu finden, wenn man einen ausländisch klingenden Namen trägt. Das würde zwar nicht reichen, "wenn die Alternative ist, Gefangenschaft, Folter oder sein Leben in der Heimat zu riskieren." Doch für Wirtschafts-Migranten könnte es den Ausschlag dafür geben, lieber zu Hause zu bleiben.

© SZ vom 01.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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