Meine Presseschau:Enttäuschung bei den Tigern

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Trumps Sieg hat für die Länder Südostasiens eine besondere Bedeutung. Sie hatten auf den Freihandel mit den USA gesetzt. Jetzt müssen sie umdenken.

Ausgewählt von Arne Perras, Singapur

Schon vor der Videobotschaft von Donald Trump Anfang der Woche war Schwermut in Südostasien spürbar. Einige dieser Länder haben sich einen Namen als "ökonomische Tiger" gemacht. Das ist eine Weile her. Zuletzt wirkten sie beinahe matt, was auch an der lahmenden Weltwirtschaft liegt. Manche hofften, das Transpazifische Freihandelsabkommen TPP mit den USA könne da wie ein Schuss Adrenalin wirken. Die Hoffnung wurde jetzt bitter enttäuscht. Amerikas gewählter Präsident Donald Trump machte klar, dass er den Handelspakt der zwölf Pazifik-Anrainer schnellstens begraben will.

Kolumnisten der Straits Times in Singa-pur betonen häufig das Prinzip vom Gleichgewicht der Kräfte; es läuft darauf hinaus, dass sich kleinere Staaten arrangieren müssen, sie können es sich weder mit Peking noch mit Washington verscherzen. Doch viele rätseln: Kann Amerika überhaupt noch als stabilisierendes Gegengewicht zur wachsenden Macht Chinas wirken? Schon unter Obama war das System ins Wanken geraten. Mit Trump aber ist die Zukunft ungewisser denn je. Ein Ausstieg der USA aus TPP wird jedenfalls als Steilvorlage für China gesehen, ein Analyst sprach in der Straits Times von einer "merkwürdigen Wende", die nun ausgerechnet Peking die Rolle des Wächters über den Freihandel zuspiele. Allerdings wunderten sich Nachbarn auch über das, was die sonst sehr nationalistisch auftretende Global Times in Peking zu sagen hatte: "Es liegt jenseits unserer Vorstellung, dass China in der Lage wäre, die USA bei der Führung der Welt zu ersetzen". Die Nachbarn wissen: China sucht noch nach seinem Platz in der Welt. Aber dass Peking seinen Hinterhof stärker an sich binden will, spüren alle.

Sofern Chinas Aufstieg den Nachbarn nützt, finden das alle gut. Doch die latente Angst, in immer engerer Umarmung erdrückt zu werden, ist ebenfalls spürbar. Besonders in Vietnam, wo die kommunistische Führung sogar den Rückhalt des Ex-Feindes Amerika sucht, um Pekings Macht einzugrenzen. Für Hanoi dürfte das Platzen von TPP einen herben Rückschlag bedeuten. Das vom Staat kontrollierte Nachrichtenportal Vietnam News bringt die strategischen Sorgen zum Ausdruck: "Die Frage lautet nun, ob eine Präsidentschaft Trumps seine Verbündeten im Stich lässt und in welchem Ausmaß."

Die malaysische Zeitung The Star erinnert an Trumps Drohung mit hohen Zöllen und warnt vor den Folgen. Alarmistisch klingt sie aber nicht. Wer weiter nach Süden blickt, stößt auf ein ernüchtertes Australien, dessen Medien ebenfalls die Gefahr des Protektionismus ausleuchten, wobei zu erwähnen wäre, dass dieses Land auch mal selber gerne mauert, etwa um die Stahlindustrie vor sogenannten Dumping-Importen zu schützen.

Was oft übersehen wird: Längst nicht alle Staaten Südostasiens waren eingebunden in TPP. Indonesien etwa betrachtete den US-Vorstoß stets mit Skepsis. Die Jakarta Post urteilte, dass der Pakt die Asean-Staaten weiter gespalten habe. Die Aussicht auf Trump beflügelt sogar Ideen, dass Indonesien und China die Region als "Doppelspitze" führen könnten. Bislang war doch eher aufgefallen, wie sehr Indonesien mit sich selbst beschäftigt war.

Und in Manila? Dort schreiben die Zeitungen unablässig über den Anti-Drogen-Krieg ihres Rodrigo Duterte. Doch gerne diskutieren sie auch die Frage: Was hat ihr eigener Rabauken-Präsident mit Donald Trump gemein? Die Kolumnistin Isabel Escoda erzählt im Philippine Inquirer, wie sie ein Meinungsstück der New York Times las: "Trump beschämt sich selbst und das ganze Land." Da dachte sie, dass ihr das irgendwie bekannt vorkomme.

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