Meine Presseschau:Die Welt lacht über Trump

Christian Zaschke

Christian Zaschke ist SZ-Korrespondent in New York.

Kommentare zum Auftritt des US-Präsidenten bei der UN.

Von Christian Zaschke

US-Präsident Donald Trump will nicht wahrhaben, dass er in dieser Woche bei seiner Rede vor der UN-Vollversammlung ausgelacht worden ist. Es war ein denkwürdiger Moment, als er vor den versammelten Staats- und Regierungschefs sowie Diplomaten aus aller Welt verkündete, seine Regierung habe schon jetzt mehr erreicht als jede andere in der Geschichte - und daraufhin im Saal Gelächter erklang. Die Washington Post bemerkte dazu: "Die Vereinigten Staaten verlieren ihre globale Bedeutung, weil die Welt Donald Trump hasst. Jeder, der Ihnen etwas anderes erzählt, führt Sie in die Irre." Trump versuchte später, die Szene umzudeuten. Der Saal habe nicht über ihn, sondern mit ihm gelacht. Diese Behauptung nannte die Washington Post spöttisch einen "Hund, der nicht jagen wird".

Dass der Präsident der USA vor den Augen der Welt ausgelacht worden ist, wird in die Geschichte der Vereinten Nationen eingehen, befand auch die New York Times: "Diese Reaktion war die schlechtestmögliche für einen Präsidenten, der seinem Vorgänger Naivität vorgeworfen hat - und dass er die USA zur Lachnummer mache." Der Times-Reporter Mark Landler schrieb auf Twitter: "Das Gelächter über Trumps Rede unterstreicht eine für ihn schwer zu akzeptierende Wahrheit: Nach 20 Monaten des Bombasts ist er für viele ausländische Amtsträger eher eine Quelle des Humors als eine Quelle der Angst." Das Online-Magazin Politico schreibt hingegen recht vorsichtig: "Es ist ungewöhnlich, dass ein US-Präsident Gelächter auslöst, ohne es zu wollen."

Das Magazin The Atlantic ist da weniger zurückhaltend und ordnet den Vorfall so ein: "Jeder hat seinen wiederkehrenden Albtraum. Nackt vor der Schulklasse zu stehen, ausfallende Zähne, was auch immer. Für Donald Trump ist dieser Albtraum, dass die Welt die USA auslacht, und dieser Albtraum ist wahr geworden." Tatsächlich hatte Trump in den vergangenen Jahren Dutzende Male beklagt, dass die Welt über das Land lache. "Das bildhafte Gelächter ist zum realen Gelächter geworden", schreibt The Atlantic. Es gebe jedoch einen Silberstreif am Horizont: "In einer Zeit, in der die USA sich von der Weltbühne zurückziehen, in der Verbündete sagen, sie könnten sich nicht länger auf das Wort aus Washington verlassen und in der die Soft Power, die weiche Macht des Landes, so gering ist wie nie seit dem Zweiten Weltkrieg, ist Amerika immer noch dazu in der Lage, die globale Gemeinschaft zu vereinen, wenn auch nur im Gekicher."

Die Washington Post sieht in der Szene die Antwort der Welt auf das oft undiplomatische Verhalten Trumps. "Es war eine pointierte Erwiderung der internationalen Gemeinschaft einem Präsidenten gegenüber, der traditionelle Verbündete mit Wonne gepiesackt hat." Trump hatte zuletzt öfter gesagt, dank seiner Präsidentschaft werde den USA wieder Respekt entgegengebracht. Das sieht die Zeitung anders: "Trump ist verspottet worden. Weder respektiert die Welt den Präsidenten der Vereinigten Staaten noch fürchtet sie ihn, und ganz sicher mag sie ihn nicht. Nichts von alldem ist in unserem nationalen Interesse."

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