Mega-Denkmäler:Afrikas absurde Titanen

Le Monument de la Renaissance africaine - Senegal

Das knapp 50 Meter hohe "Monument de la Rennaissance Africaine" in Senegal ist das größte Denkmal Afrikas. Es soll 20 Millionen Euro gekostet haben - viel Geld für ein Land, das in einer tiefen Rezession steckt.

(Foto: Sbreitinger/CC BY-SA 3.0)

In einigen afrikanischen Ländern haben sich die Herrscher kolossale Denkmäler erbaut. Manche davon helfen tatsächlich dem Volk - wenn auch anders als gedacht.

Von Isabel Pfaff

Die Schultern der Figuren sind so breit wie ein Fußballfeld, ihre Schenkel so gewaltig, dass eine mehrstöckige Wohnung darin Platz hätte. Die bronzenen Mega-Menschen, knapp 50 Meter hoch, stehen auf einem Hügel über Dakar, der senegalesischen Hauptstadt: Mann, Frau und Kind, die aus einem Basalt-Kegel heraussteigen und dabei ein bisschen aussehen wie Lara Croft, Superman und ihr Nachwuchs.

"Monument de la Renaissance africaine", Monument der afrikanischen Wiedergeburt: So hat Senegals Ex-Präsident Abdoulaye Wade das Denkmal genannt, das er sich ausgedacht und in Auftrag gegeben hat. Es gilt als das größte Denkmal Afrikas. 2010 wurde es eingeweiht, pünktlich zum 50. Jahrestag der senegalesischen Unabhängigkeit von Frankreich.

Das Ende der Kolonialzeit - eigentlich kein schlechter Grund für ein Denkmal. Weltweit errichten Menschen Symbolbauten, um daran zu erinnern, dass sie Unterdrückung erlebt und überwunden haben.

Das Mega-Monument in Senegal soll 20 Millionen Euro gekostet haben

Wenig verwunderlich also, dass auch afrikanische Staaten zeigen wollen, dass sie nach Jahrhunderten der Unterdrückung endlich frei sind von Sklaverei, Kolonialismus und Ausbeutung. Das Problem ist nur: Viele Denkmäler in afrikanischen Staaten können nicht ganz verbergen, dass es ihren Auftraggebern mehr um sich selbst als um die Wiedergeburt ihrer Nationen ging.

Das Mega-Monument in Senegal zum Beispiel soll 20 Millionen Euro gekostet haben - nicht gerade ein Schnäppchen für ein Land, das zum Eröffnungszeitpunkt in einer tiefen Wirtschaftskrise steckte.

Noch dazu kündigte der Präsident an, dass ihm 35 Prozent der Einnahmen zustünden, die man sich von der neuen Touristenattraktion erhoffte. Das Argument des korrupten Staatschefs: Das Denkmal sei seine Idee gewesen. Seine Popularität in der Bevölkerung steigerte der Bau nicht: 2012 wählten die Senegalesen Abdoulaye Wade ab.

Auch um andere Wahrzeichen in afrikanischen Hauptstädten ranken sich solche Geschichten. Im nahe gelegenen Burkina Faso etwa errichtete der inzwischen gestürzte Autokrat Blaise Compaoré 2002 das "Mémorial aux héros nationaux", das Denkmal der nationalen Helden. Der abstrakte Bau auf vier Stützen sollte für die Errungenschaften des burkinischen Volkes stehen: Unabhängigkeit, Republik, Revolution und Demokratie.

Das eindrucksvollste Beispiel steht in der Elfenbeinküste

Dass es mit der Demokratie unter Compaoré nicht weit her war, zeigte der Volksaufstand im Herbst 2014, der den unbeliebten und korrupten Präsidenten das Amt kostete.

Das bei Weitem eindrücklichste Beispiel für afrikanische Großmannssucht steht aber in der Elfenbeinküste. Félix Houphouët-Boigny, erster und jahrzehntelanger Präsident des Landes, hatte sein winziges Geburtsdorf Yamoussoukro Anfang der Achtzigerjahre kurzerhand zur Hauptstadt erklärt.

Damit die unscheinbare Siedlung mitten im Urwald es mit der eigentlichen Metropole Abidjan im Süden des Landes aufnehmen konnte, musste der Präsident sich etwas einfallen lassen. Und so ließ er in Yamoussoukro eine Kopie des Petersdoms bauen - einen Tick höher als das Original, mit Platz für 7000 Gläubige, jeder Sitz klimatisiert. Fast 300 Millionen Euro soll die Kirche namens Notre-Dame de la Paix gekostet haben.

Zwar ging es der Elfenbeinküste mit ihrer florierenden Kakao-Produktion bis Anfang der Achtziger vergleichsweise gut. Doch als die Kirche fertig war, steckte auch dieses Land in einer Krise - und die Elfenbeinküste verschuldete sich mit ihrer Mega-Kirche noch mehr.

Auch wenn nicht alle Denkmäler auf dem afrikanischen Kontinent von solchem Größenwahn zeugen: In vielen Ländern wirken die stolzen Statuen, Obelisken und Mausoleen dennoch deplatziert. Zu wenig hat sich seit der gefeierten Unabhängigkeit in den Ländern getan, zu achtlos gehen die Herrscher mit der neuen Freiheit um.

Das meterhohe Bronze-Abbild von Angolas Staatsgründer Agostinho Neto in der Hauptstadt Luanda etwa dürfte auf die meisten Angolaner zynisch wirken; sie bekommen praktisch nichts ab vom Ölreichtum des Landes, das Netos Nachfolger an der Staatsspitze unter sich und ihren Familien aufteilen.

Auch in Simbabwe hat der zum greisen Diktator mutierte Präsident Robert Mugabe auf dem sogenannten Heldenfriedhof drei bronzene Guerilla-Kämpfer errichten lassen. Nur werden die Simbabwer, die sich daran erfreuen könnten, stetig weniger: Mugabes desaströse Politik hat das Land dermaßen ruiniert, dass sich immer mehr Bewohner fürs Exil entscheiden.

Expertise aus Nordkorea ist gefragt

Noch schräger wirken die vielen Bronzemenschen des Kontinents übrigens, wenn man sich vor Augen führt, wer sie gebaut hat: Fast alle Bronze-Plastiken dieser Größenordnung stammen aus der nordkoreanischen Skulpturenfabrik Mansudae Art Studio, einem Mega-Unternehmen mit 4000 Mitarbeitern, das inzwischen die ganze Welt mit vergleichsweise billigen Bronze-Skulpturen versorgt.

Der Effekt: Die Heldendenkmäler in Afrika und anderswo sind austauschbar, sie haben mehr Ähnlichkeit mit Nordkoreas Herrscher-Statuen als mit den einheimischen Kunsttraditionen.

Und so scheren sich viele Afrikaner wenig darum, was ihre Herrscher mit den verqueren Denkmälern und Bauten einmal sagen wollten. In Senegal mokieren sie sich über das kolossale Bronze-Ensemble und die fast barbusige Frauenfigur, in der sich die Senegalesinnen - fast alles Musliminnen - nur schwer wiedererkennen.

In Burkina Faso widmeten die Anti-Regierungs-Demonstranten das Mega-Monument ihres gestürzten Präsidenten einfach um: Es heißt nun "Pantheon der Märtyrer der Revolution" und erinnert an die etwa 30 Todesopfer des Volksaufstandes. Und in der Elfenbeinküste war die zumeist schlecht besuchte Kathedrale am Ende doch zu etwas gut: In dem 2002 aufgeflammten Bürgerkrieg diente die gewaltige Kirche Tausenden Vertriebenen als Zufluchtsort.

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