Süddeutsche Zeitung

Medizinische Versorgung:Großer Bedarf an Psychotherapie

Patienten nutzten 2017 deutlich häufiger als im Vorjahr den Terminservice der Ärzte. Diese müssten den Zugang aber einfacher machen, fordert ein Patientenschützer. Besonders gefragt waren dabei Psychotherapie-Termine.

Patienten haben die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen 2017 deutlich häufiger in Anspruch genommen als noch im Vorjahr. Die Zahl der vermittelten Termine stieg von 120 000 im Jahr 2016 auf 190 000 im vergangenen Jahr, wie eine Sprecherin der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mitteilte. Grund für den Anstieg sei vor allem die starke Nachfrage nach Psychotherapie-Terminen, die erst seit April vergangenen Jahres von den Servicestellen vermittelt werden.

Nach den vorliegenden Zahlen bezogen sich im zweiten Quartal 2017 allein 40 Prozent der vermittelten Termine auf den Bereich Psychotherapie. Im dritten Quartal waren es 43,2 Prozent. Über die Zahlen hatte zunächst die Rheinische Post berichtet. Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, sagte der Zeitung, die Terminservicestellen funktionierten gut. Zugleich erklärte er: "Im Vergleich zu rund einer Milliarde Arzt-Patienten-Kontakten jährlich in den Praxen der Niedergelassenen zeigt sich, dass die Nachfrage nach Vermittlungen durch die Terminservicestellen gering ausfällt."

Die Kassenärztlichen Vereinigungen hatten die Einführung der Terminservicestellen Anfang 2016 skeptisch gesehen. Dagegen betonte die Deutsche Stiftung Patientenschutz, die gestiegene Nutzung der Servicestellen zeige, dass die Einrichtungen für die Patienten wichtig seien. Stiftungsvorstand Eugen Brysch kritisierte, die Kassenärztlichen Vereinigungen machten es den Patienten schwer, die Stellen zu erreichen. "Deshalb ist es notwendig, die Kassenärzte gesetzlich dazu zu zwingen, eine einheitliche bundesweite Rufnummer einzurichten, die werktags zehn Stunden zu erreichen ist", sagte Brysch dem Evangelischen Pressedienst. Notwendig sei zudem eine Internetplattform, forderte er. Zurzeit gibt es für jedes Bundesland eine Servicestelle, in Nordrhein-Westfalen sind es zwei.

Die Terminservicestellen sollen gesetzlich Versicherten innerhalb von vier Wochen einen Termin bei einem Facharzt oder Psychotherapeuten vermitteln. Voraussetzung ist eine dringliche ärztliche Überweisung. Eine Ausnahme sind Augen- und Frauenärzte, für die der telefonische Service auch ohne Überweisung genutzt werden kann. Wenn kein Termin beim Facharzt möglich ist, werden die Patienten an Krankenhausambulanzen vermittelt.

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SZ vom 03.01.2018 / epd
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