Maut-Affäre:Warum der Untersuchungsausschuss Scheuer gefährlich werden kann

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Die Maut-Verträge, die der damalige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) 2019 im Bundestag präsentierte, kosten den Steuerzahler nun eine Viertelmilliarde Euro. (Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Die Opposition wirft dem Verkehrsminister vor, bei der Pkw-Maut das Parlament getäuscht zu haben. Doch was sagt Scheuer zu den Vorwürfen - und welche Macht hat der Ausschuss? Wichtige Fragen und Antworten.

Von Markus Balser, Berlin

Vorwürfe gegen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wegen der geplatzten Einführung der Pkw-Maut gibt es schon seit Monaten. Am Dienstag machten Grüne, FDP und Linke nun ihre Drohung wahr und beantragten einen Untersuchungsausschuss des Bundestags. Die Süddeutsche Zeitung beantwortet die wichtigsten Fragen zu diesem Gremium und dessen Möglichkeiten: Warum wurde die Pkw-Maut überhaupt zum Problem?

Die große Koalition hatte die Umsetzung der Pkw-Maut bereits 2017 im Bundestag beschlossen. Als Scheuer 2018 Verkehrsminister wurde, trieb er den Start dieser Straßenbenutzungsgebühr mit hohem Tempo voran. Sein Ziel: die Einführung im Oktober 2020. Doch der Europäische Gerichtshof durchkreuzte die Pläne und erklärte die Maut im Juni 2019 für rechtswidrig, weil sie Ausländer diskriminiere. Scheuer steht nun unter Druck, weil er die Verträge mit den Betreibern Kapsch und CTS Eventim schon zum Jahreswechsel geschlossen hatte - lange also bevor Klarheit bestand, ob er das Projekt umsetzen darf. Deshalb drohen dem Bund laut Insidern nun Schadenersatzforderungen der Betreiber von einer halben Milliarde Euro.

W ie lauten die Vorwürfe gegen Scheuer?

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Kommentar von Markus Balser

In den vergangenen Monaten legte Scheuer den Abgeordneten schon 50 Ordner zur Maut vor. Doch noch immer schweigt das Ministerium zu wichtigen Vorgängen. Der Untersuchungsausschuss hat nun die Aufgabe, die gesamten Mautvorbereitungen seit dem Start der vorherigen großen Koalition Ende 2013 zu durchleuchten. So geht es aus dem fünfseitigen Antrag der Opposition hervor. Im Zentrum steht dabei, ob Scheuer zu hohe Risiken einging, Kosten für den Steuerzahler verschleierte und den Bundestag belog, um die Pkw-Maut trotz aller Zweifel schnell einzuführen. Auch Inhalte von Geheimtreffen mit den Mautbetreibern sollen aufgeklärt werden. Wegen des langen Untersuchungszeitraums muss sich wohl nicht nur Scheuer verantworten. Auch Scheuers Vorgänger, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, könnte ins Visier der Opposition geraten.

Kann der Ausschuss dem Minister wirklich gefährlich werden? Weist die Opposition Scheuer nach, dass er zur Mauteinführung bei zentralen Fragen gegenüber dem Bundestag nicht die Wahrheit gesagt hat, dann dürfte es ziemlich eng für ihn werden. Eine Rolle wird dabei etwa spielen, ob es bei den Geheimtreffen mit den Mautbetreibern wirklich, wie Scheuer behauptet, nur um Nebensächlichkeiten ging. Oder ob auch zentrale Punkte des geplanten Vertrags besprochen wurden. Zu den brisanten Themen zählt auch die Frage, ob die wahren Kosten der Maut im Vergabeprozess versteckt und verschleiert wurden. Dann hätte Scheuer den Bundestag hintergangen, der ein Budget von rund zwei Milliarden Euro für das Projekt abgesegnet hatte.

Wie können die Abgeordneten überhaupt aufklären?

Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist ein mächtiges Instrument der Opposition, um das Regierungshandeln zu überprüfen. Das Gremium kann selbst Zeugen laden und vernehmen und ihr Erscheinen sogar erzwingen. Es kann sie auch unter Eid aussagen lassen, um die Wahrheit zu erfahren. Und es kann weitere Akten anfordern. "Gerichte und Verwaltungsbehörden sind zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtet", heißt es dazu im Grundgesetz. Oft allerdings ist die Aufklärung wie etwa im Abgas-Untersuchungsausschuss zähe Detailarbeit. Zeugen können Politiker bis zum Minister sein, Spitzenbeamte oder auch Manager von Unternehmen. Der Ausschuss könnt also auch die Chefs der Maut-betreiber aussagen lassen, mit denen sich Scheuer getroffen hat. Solche Befragungen finden öffentlich statt.

Wie reagiert der Minister? Und hat er noch Rückhalt in der großen Koalition?

Scheuer weist die Vorwürfe zurück, er habe wichtige Vorgänge geheim gehalten. Das Ministerium habe den Bundestag umfänglich informiert. Allerdings schweigen Scheuer und sein Ministerium beharrlich zu Details der Geheimtreffen. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) gab Scheuer dennoch schon vorab Rückendeckung. "Der Stuhl von Herrn Scheuer wackelt natürlich nicht", sagte er. Auch der Koalitionspartner SPD hält sich bislang mit Kritik zurück.

Wann nimmt das Gremium die Arbeit auf?

Zunächst muss der Bundestag die Einsetzung des Untersuchungsausschusses noch beschließen. Das dürfte schon in der nächsten Woche geschehen. Mit den ersten Zeugenaussagen ist dann frühestens im Dezember zu rechnen.

© SZ vom 17.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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