Maut-Ausschuss:Die amerikanische Methode

Maut-Ausschuss: Es steht Aussage gegen Aussage im Maut-Untersuchungsausschuss, der sich im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus trifft.

Es steht Aussage gegen Aussage im Maut-Untersuchungsausschuss, der sich im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus trifft.

(Foto: John Macdougall/AFP)

Was ist eigentlich ein Kreuzverhör? Wie die FDP den Verkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU doch noch der Lüge im Bundestag überführen will.

Von Anika Blatz

Als "gewollte strategische Eskalation zur Wahrheitsfindung" bezeichnet Christian Jung, Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Maut-Untersuchungsausschuss, den nun geplanten nächsten Schritt. Mit der Ankündigung, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) einem Kreuzverhör auszusetzen, soll der Druck auf den Minister erhöht werden. In entscheidenden Punkten steht die Aussage Scheuers gegen die der Mautmanager. Entweder haben die Manager gelogen, als sie sagten, sie hätten dem Minister Ende 2018 angeboten, mit der Unterzeichnung der Verträge bis nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Rechtmäßigkeit der Maut zu warten - oder aber der Minister, der ein solches Angebot bestreitet. Um der Wahrheit näher zu kommen, möchte die FDP deshalb dafür sorgen, dass beide Seiten bei gleichzeitiger Anwesenheit abwechselnd vernommen werden: ein sogenanntes Kreuzverhör also.

Das ist eine Vernehmungsmethode, die man in Deutschland eigentlich nur aus amerikanischen Gerichtsfilmen kennt. Staatsanwalt und Verteidiger fühlen Zeugen oder Angeklagten abwechselnd auf den Zahn, während sich der Richter eher im Hintergrund hält. So soll der Druck erhöht werden, was im Idealfall dazu führt, die Glaubwürdigkeit der Befragten besser einschätzen und den Wahrheitsgehalt der Aussagen besser überprüfen zu können.

Anders als in der anglo-amerikanischen Welt ist es in Deutschland vor allem Aufgabe der Richter, Zeugen und Angeklagte zu befragen, und zwar einzeln und nacheinander. Staatsanwaltschaft und Verteidigung sind für Rückfragen zuständig. Und dennoch sieht Paragraf 239 der deutschen Strafprozessordnung die Möglichkeit zum Kreuzverhör vor. Auf übereinstimmenden Antrag von Staatsanwaltschaft und Verteidigung hat der Richter die Vernehmung ihnen zu überlassen. Nur: Von dieser Möglichkeit wird fast nie Gebrauch gemacht; das Kreuzverhör ist hierzulande ein Fremdkörper geblieben.

Untersuchungsausschüsse fußen auf zwei Grundlagen: neben der Strafprozessordnung auf dem Untersuchungsausschussgesetz. Letzteres sieht in Paragraf 24, Absatz 2 die Möglichkeit eines Kreuzverhörs vor. Es wird hier nur anders bezeichnet, nämlich als "Gegenüberstellung" mit anderen Zeugen, "wenn es für den Untersuchungszweck geboten ist".

"Wir erhoffen uns Rückschlüsse aus dem Auftreten der Zeugen, wie sie aufeinander reagieren."

Ist das hier der Fall? Der Ausschussvorsitzende Udo Schiefner (SPD) äußert Zweifel. Eine solche Methode sei nur sinnvoll, wenn man sich einen Mehrwert davon verspreche. "Ich habe nicht den Eindruck, dass der Ausschuss zu größerer Klarheit kommt, wenn man das Instrument der Gegenüberstellung wählt", sagt Schiefner. Die "Erinnerungslücken" des Ministers werde man nicht dadurch beseitigen, dass man ihn im Beisein anderer Zeugen vernehme. Jung hingegen gibt sich überzeugt von dem Mehrwert einer solchen Gegenüberstellung: "Wir erhoffen uns Rückschlüsse aus dem Auftreten der Zeugen, wenn sie aufeinandertreffen, wie sie aufeinander reagieren."

Zudem müsse der Ausschuss ein Zeichen setzen, dass man sich die Vertuschungsaktionen des Ministers nicht mehr gefallen lasse, sagt Jung. Besonders von einer Gegenüberstellung des Mautmanagers Klaus-Peter Schulenbergs vom Betreiber CTS Eventim und Scheuers erhoffe er sich einen Beitrag zur Wahrheitsfindung. Nach Rücksprache mit den anderen Oppositionsparteien könnten FDP, Linke und Grüne einen Antrag dazu stellen. Darüber würde mit einfacher Mehrheit entschieden; das heißt, die drei Parteien in dem Gremium bräuchten auch die Stimmen des Koalitionspartners SPD. Die Zustimmung der Unionsabgeordneten gilt als unwahrscheinlich.

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