Sigrun Scholl hat sechs Briefe geschrieben. Fünf hat sie zerrissen. Schon bei der Anrede schlitterte ihr Stift. Durfte sie einen erwachsenen Mann beim Vornamen nennen, nur weil er ihr Schüler gewesen war? Sie fragte sich, was angemessen sei, ob überhaupt etwas angemessen sein könne nach alldem, was sie getan oder unterlassen hatte, je nachdem, wie man es sehen will. Vor 39 Jahren begann die Geschichte, im September 1980. Stefan war gerade fünfzehn geworden, als Sigrun Scholl an der Erweiterten Oberschule seine Klassenleiterin wurde.
Verfolgte Schüler:Geopferte Kinder
Jugendliche aus der Pankower Jungen Gemeinde im Jahr 1982. Einer trägt den Aufnäher "Schwerter zu Pflugscharen" an seinem Parka.
(Foto: Archiv Bertram)Stefan Gerber ist ein guter Schüler, er will Arzt werden. Doch mit 16 wird er in der DDR zum Staatsfeind erklärt und von der Schule geworfen. So wird er Pförtner. 39 Jahre später schreibt seine Lehrerin ihm einen Brief.
Von Renate Meinhof
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