Massenproteste nach Freitagsgebeten in Syrien:Assads Soldaten schießen auf Demonstranten

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Auch die Anwesenheit von Beobachtern der Arabischen Liga hält das Assad-Regime offenbar nicht von brutalen Übergriffen auf Demonstranten ab: Nach den Freitagsgebeten sollen syrische Soldaten in mehreren Städten das Feuer eröffnet haben. Die Opposition hatte zuvor zu Massenprotesten aufgerufen - und Hunderttausende sollen gekommen sein.

Ungeachtet der Beobachter der Arabischen Liga, die sich seit zwei Tagen im Land aufhalten, haben syrische Soldaten nach den Freitagsgebeten erneut das Feuer auf Demonstranten eröffnet. In Deir-el-Sur im Osten, in Daraa im Süden und in anderen Städten seien Schüsse gefallen, erklärten Aktivisten. Bei einem Zusammenstoß in der Nähe der libanesischen Grenze seien mindestens vier Menschen getötet worden.

In der Stadt Duma nördlich von Damaskus hätten Sicherheitskräfte neben Tränengas und Blendgranaten auch Nagelbomben eingesetzt, um die Demonstranten auseinanderzutreiben, teilte die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Mindestens 24 Menschen seien dabei verletzt worden.

Mehrere Hunderttausend Menschen sind nach Angaben der syrischen Opposition im ganzen Land dem Aufruf zu Protesten gegen die Führung von Präsident Baschar al-Assad gefolgt. Allein in der Widerstandshochburg Idlib seien nach den Freitagsgebeten 250.000 Menschen durch die Straßen gezogen, teilte Beobachtergruppe für Menschenrechte mit.

Der arabische Fernsehsender al-Dschasira strahlte Live-Aufnahmen aus, die eine Massendemonstration in einem Bezirk der Stadt Homs zeigten. Syrien hat ausländische Journalisten die Berichterstattung verboten, daher ist eine unabhängige Überprüfung der Berichte nur schwer möglich.

Oppositionelle Aktivisten hatten die Menschen aufgefordert, den Beobachtern der Arabischen Liga die Lage in Syrien zu verdeutlichen: "Wir wissen, dass das Blutvergießen nicht allein deshalb enden wird, weil sie da sind. Aber wenigstens werden sie es sehen", sagte ein Oppositionsvertreter aus Hama über die Experten, die seit Mittwoch im Land unterwegs sind.

Die Beobachter-Gruppe soll einen Friedensplan überwachen, in dem die syrische Regierung ein Ende der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste zugesagt hat. Seit Beginn des Aufstands vor neun Monaten sind nach Angaben der Vereinten Nationen in Syrien mehr als 5000 Menschen getötet worden.

Die Anwesenheit der arabischen Beobachter hatte der Oppositionsbewegung in Syrien offenbar neuen Auftrieb verschafft. Zu den Demonstrationen in den Städten, in denen die Beobachter erwartet wurden, erschienen in den vergangenen Tagen Zehntausende Menschen.

Die Deserteure der syrischen Streitkräfte wollen während des Besuchs arabischer Beobachter ihre Offensive gegen Regierungsziele aussetzen. Der Führer der Freien Syrischen Armee (FSA), Oberst Riad al Asaad, erklärte, seine Soldaten hätten ihre Angriffe mit der Ankunft der Beobachter am Dienstag eingestellt. Auf diese Weise wolle die FSA zeigen, dass das Regime friedliche Demonstranten töte. "Wir verteidigen uns jetzt nur noch", erklärte al Asaad. "Das ist unser Recht und das Recht jedes Menschen." Nach dem Ende der Beobachtermission werde seine Organisation die Angriffe wieder aufnehmen.

Die russische Regierung zeigte sich trotz der neuerlichen Gewalt zufrieden mit der Arbeit der arabischen Beobachter. "Moskau beurteilt mit Zufriedenheit den wahren Beginn der Aktivitäten der Arabischen Liga in Syrien", erklärte das Außenministerium. Es verwies darauf, dass der Missionsleiter, ein sudanesischer General, die Stadt Homs besucht habe. "Die Lage dort ist beruhigend, Zusammenstöße wurden nicht registriert." Russland ist einer der wenigen verbliebenen Verbündeten des Regimes in Damaskus.

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