Massenkundgebung in Moskau:Zehntausende Pro-Putin-Demonstranten sollen gekauft sein

Hunderttausend Russen demonstrieren in Moskau gegen Wladimir Putin. Doch auch 100.000 versammeln sich in Eiseskälte zu Pro-Putin-Kundgebungen. Doch alle freiwillig? Selbst der jetzige Ministerpräsident und kommende Präsident hält es für möglich, dass viele Beamte mit Druck zur Teilnahme an einer Unterstützungskundgebung gebracht wurden. Lakonisch kommentiert er: "Bei so vielen Menschen können unmöglich alle gezwungen worden sein."

"Putin ist super!" und "Chaos - nein, Putin - ja!" war auf den Transparenten zu lesen, die die Anhänger des russischen Präsidentschaftskandidaten auf einer Kundgebung in Moskau hochhielten. Vor allem Beschäftigte von Staatsunternehmen sowie Lehrer protestierten gegen die Gefahr einer Revolution. Mehreren unabhängigen Medienberichten zufolge sollen sie jedoch unter Androhung einer Kündigung zur Teilnahme gezwungen worden sein.

Pro-Kremlin Anti-Orange rally in the center of Moscow

Vor allem Angestellte von Staatsunternehmen und Lehrer gingen am Samstag in Moskau auf die Straßen, um Ministerpräsident Putin zu unterstützen.

(Foto: dpa)

Eine Maßnahme, die Ministerpräsident Putin zumindest für nicht ausgeschlossen hält. Nach Angaben der Agentur Interfax halte er es für möglich, dass Staatsbeamte mit Druck zur Teilnahme an einer Unterstützerkundgebung gebracht wurden. "Aber bei so vielen Menschen können unmöglich alle gezwungen worden sein", so der Regierungschef. Laut Polizei sollen an der Pro-Putin-Kundgebung in Moskau 138.000 Menschen teilgenommen haben.

Der Radiosender Echo Moskwy sprach von einem "Zahlenkrieg" bei dieser vom Machtapparat inszenierten Gegenkundgebung. Staatsmedien berichteten, in der russischen Hauptstadt hätten deutlich mehr Menschen für Putin als gegen ihn demonstriert.

Putin zeigte sich "sehr erfreut", dass viel mehr Menschen an der Kundgebung teilgenommen hätten als die von den Organisatoren angemeldeten 15.000. "Falls die Veranstalter wegen der größeren Menge eine Strafe zahlen müssen, bin ich bereit, Geld beizulegen", sagte er in Tscheljabinsk rund 1900 Kilometer östlich der Hauptstadt. Bereits zuvor hatte er betont, er sei wie seine Unterstützer gegen eine Revolution in Russland.

Gegner fordern demokratischen Wandel

Die Pro-Putin-Aktion stand nach Angaben der Organisatoren von der kremltreuen Partei der Patrioten im Zeichen der Stabilität. Das Lager des Regierungschefs hatte nach Bekanntwerden der Oppositionspläne für neue Massenproteste erstmals die Initiative ergriffen, nicht mehr nur den Andersdenkenden den politischen Kampf auf der Straße zu überlassen. Die Organisatoren kündigten für den 25. oder 26. Februar eine weitere Demonstration in Moskau an. Man wolle vor der Präsidentenwahl am 4. März den Kritikern des Regierungschefs nicht das Feld überlassen, sagte ein Sprecher der Veranstalter.

Polizeiangaben zufolge waren etwa 36.000 Gegner des Ministerpräsidenten unterschiedlicher Parteien und aller Altersgruppen am Samstag in Moskau auf die Straße gegangen, um gegen Putin zu demonstrieren. Die Opposition sprach dagegen sogar von 120.000 Teilnehmern, die eine ehrliche Präsidentenwahl sowie mehr politische Freiheiten und einen demokratischen Wandel forderten.

"Putin, hau ab!" hatten viele Regierungsgegner auf ihre Plakate geschrieben. An der Kundgebung nahm auch der Multimilliardär und Präsidentenkandidat Michail Prochorow teil, der Putin in eine Stichwahl zwingen will. Viele Demonstranten trugen weiße Luftballons und Bänder als Zeichen diesen friedlichen politischen Wandel.

Insgesamt sollen sich den Angaben zufolge rund 200.000 Demonstranten auf den Straßen Moskaus gewesen sein. Die Temperatur lag bei knapp minus 20 Grad Celsius.

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