Massaker in San Bernardino:Beileidsbekundungen der Republikaner gehen nach hinten los

Mass Shooting In San Bernardino

Nach dem Massaker in San Bernardino

(Foto: AP)

Die Antwort führender Republikaner auf das Massaker in San Bernardino sind nicht Forderungen nach schärferen Waffengesetzen, sondern "Gedanken und Gebete". Viele Bürger fühlen sich provoziert.

Von Barbara Galaktionow

Zwei Menschen dringen in eine Sozialeinrichtung im kalifornischen San Bernardino ein, laut Polizei in "Kleidung wie bei einem Sturmangriff". Mit Sturmgewehren und Pistolen feuern sie auf Teilnehmer einer Weihnachtsfeier. Sie töten 14 Menschen und verletzen 17.

Die USA sind geschockt, wieder einmal. Politiker und Privatpersonen drücken ihr Entsetzen über das Gemetzel aus. Auch führende Republikaner. Doch deren öffentliche Äußerungen gehen nach hinten los.

Rand Paul, Jeb Bush oder Ted Cruz - die Präsidentschaftskandidaten versichern via Twitter, dass ihre Gedanken und Gebete (in den USA oft mit der Formel "thoughts and prayers" zusammengefasst) in San Bernardino seien, bei den Opfern, ihren Angehörigen und den Rettungskräften.

Auch Donald Trump lässt wissen, er sei "so traurig" und kündigt eine Schweigeminute bei einer Wahlkampfveranstaltung in Virginia an.

Paul Ryan (hier mehr zu ihm), der sich nach langen Verhandlungen erst vor Kurzem doch bereit gefunden hatte, die undankbare Position als Sprecher des Repräsentantenhauses zu übernehmen, gedenkt der Opfer öffentlich bei der Aktivierung der Weihnachtsbeleuchtung am Capitol in Washington - zu sehen in diesem Tweet:

Gedenken, Gebete, Betroffenheit auf Seiten der Republikaner. Die Reaktion verärgert Bürger, die statt von Gebeten lieber von schärferen Waffengesetzen lesen würden. In Medien und sozialen Netzwerken provozieren die Äußerungen der Republikaner Empörung. Schließlich sind die Ereignisse in San Bernardino wohl kein Einzelfall.

Der Name des Ortes östlich von Los Angeles ist ein weiterer auf der Liste jener US-Städte und Städtchen, in denen hochgerüstete Täter in Gewaltausbrüchen wehrlose Menschen erschossen.

Ob Littleton, Newtown oder zuletzt Roseburg, um nur ein paar Namen zu nennen - die Ereignisse an diesen Orten bilden nur die Spitze des Eisbergs. Tödlich verlaufende Massenschießereien sind Normalität, darauf weisen US-amerikanische Medien an diesem Donnerstag vehement hin. Sie berufen sich darauf, dass es 2015 in den Vereinigten Staaten im Schnitt jeden Tag mindestens eine Schießerei gegeben habe, bei der insgesamt vier oder mehr Menschen getötet oder verletzt wurden (hier eine Grafik der Washington Post).

Eines halten viele liberal gesinnte US-Bürger für klar: Die drastische Häufung von Massenschießereien in ihrem Land ist nicht einfach "eine Tragödie" (so Rand Paul nun über San Bernardino), sondern Ergebnis laxer Waffengesetze.

"God isn't fixing this" - Gott wird es nicht richten, titelt denn auch heute die Daily News und zeigt die Tweets der Republikaner, die nicht mehr beizutragen haben als nur zu gedenken und zu beten.

Viel Aufmerksamkeit erfährt im Netz eine Auflistung von Igor Volsky, Redakteur beim US-Politikblog Thinkprogress. Volsky gleicht die Tweets jener Republikaner, die als Konsequenz aus der blutigen Schießerei einzig zu Gebeten und Gedenken aufrufen, mit den Namen jener ab, die von der National Rifle Association (NRA) Wahlkampfspenden erhalten. Die NRA ist die mächtigste Lobbygruppe, die sich erfolgreich gegen strengere Waffengesetze einsetzt.

Volsky listet auf seinem Twitter-Account @igorvolsky die Namen von mehr als 30 republikanischen Abgeordneten und Senatoren auf, die Spenden von der Waffenlobby erhalten. Und er erstellt eine Top-10-Liste der Politiker, die 2016 Geld von Pro-Waffen-Organisationen erhalten haben: Auch hier finden sich die Gedenken-und-Beten-Kandidaten.

Unter dem Hashtag #ThoughtsAndPrayers geben zahlreiche US-Bürger ihrem Ärger über die Haltung der Republikaner Ausdruck. "Weißt Du, was passiert, Du für mich betest?", lässt ein Empörter Spongebob fragen. "Absolut nichts!", lautet die Antwort.

Auch Präsident Barack Obama sagt nach San Bernardino, dass es in den USA ein "Muster von Massenschießereien" gebe wie "nirgendwo sonst in der Welt" (mehr dazu hier). Er pocht erneut auf strengere Waffengesetze. Hillary Clinton, die sich für die Demokraten um seine Nachfolge bewerben will, will Massenerschießungen nicht als normal hinnehmen und fordert, Waffengewalt müsse "jetzt" gestoppt werden.

Doch alle Unterstützung aus den eigenen Reihen hilft nichts - bislang ist Obama daran gescheitert, Waffengesetze zu verschärfen. Vor allem am Widerstand der Republikaner und dem Einfluss, den die Waffenlobby auf sie hat.

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