Mehr als hundert Zivilisten - viele davon Kinder - starben beim Massaker in der syrischen Stadt Haula. Der überwiegende Teil von ihnen ist nach UN-Angaben hingerichtet worden. Dies hätten die ersten Untersuchungen der Vereinten Nationen ergeben, sagte der Sprecher des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Rupert Colville, in Genf.
Weniger als 20 der 108 Toten von Haula seien durch Artillerie- oder Panzerbeschuss getötet worden. Der Großteil der Opfer sei in "Sammelhinrichtungen" getötet worden, die Einwohner der regierungstreuen Schabiha-Miliz zuschrieben.
Augenzeugen hatten zuvor berichtet, syrische Artillerie habe mit Raketen und Granaten auf Wohnhäuser geschossen. Anschließend seien Mitglieder der gefürchteten regimetreuen Schabiha-Miliz von Haus zu Haus gezogen, um die Bewohner mit Pistolen und Messern zu ermorden.
"Sie kamen herein, mit Kalaschnikows und automatischen Gewehren"
Mehrere Zeugen sagten der britischen BBC, sie hätten sich versteckt oder tot gestellt, um zu überleben. Die meisten berichteten, dass die Armee oder die Shabiha-Milizen die Gräueltaten begangen hätten - obwohl die Führung in Damaskus jede Verantwortung zurückweist.
"Wir waren im Haus, sie kamen herein, die Schabiha und die Sicherheit, sie kamen mit Kalaschnikows und automatischen Gewehren", berichtete eine Überlebende. "Sie brachten uns in einen Raum und schlugen meinen Vater mit dem Gewehrgriff auf den Kopf und schossen ihm genau ins Kinn." Von 20 Familienmitgliedern und Freunden im Haus hätten nur vier überlebt.
Ein anderer Bewohner von Haula sagte, er habe sich auf dem Dachboden versteckt, als Bewaffnete seine Familie hinausschafften und sie erschossen. "Ich öffnete die Tür, und sah Leichen, ich konnte meine Kinder nicht von meinen Brüdern unterscheiden. Es ist nicht in Worte zu fassen. Ich habe drei Kinder, ich habe drei Kinder verloren", sagte er.
Andere Zeugen berichteten von ihrer Furcht, dass die Regierungstruppen zurückkommen könnten. Die BBC schreibt, dass die Aussagen der Zeugen nicht von unabhängiger Seite bestätigt wurden, einem BBC-Korrespondenten im benachbarten Libanon zufolge jedoch sowohl miteinander als auch mit Berichten syrischer Aktivisten übereinstimmten.
Die Staatsmedien machen al-Qaida verantwortlich
Syrische Offizielle widersprachen den Darstellungen der Zeugen. "Wir können versichern, dass keine syrische Artillerie oder schwere Waffen im Gebiet von Haula eingesetzt wurden", erklärte ein Sprecher des Außenministeriums in Damaskus. Vielmehr hätten "bewaffnete Gruppen" den Ort mit Panzerfäusten und Mörsern angegriffen. Die Staatsmedien behaupteten, das Massaker sei das Werk von "Al-Qaida-Terroristen".
International wird nach den Berichten über das Massaker von Haula der Druck auf das syrische Regime erhöht. Aus Protest gegen das Massaker weist Deutschland den syrischen Botschafter aus. Radwan Lutfi wurde im Auswärtigen Amt darüber informiert, dass er die Bundesrepublik innerhalb von 72 Stunden verlassen muss. Zugleich forderte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) den syrischen Präsidenten Assad auf, sein Amt niederzulegen.
Am frühen Abend haben auch die USA bekanntgegeben, dass sie den höchsten diplomatischen Vertreter Syriens ausweisen. Der Geschäftsträger der syrischen Botschaft in Washington, Suheir Dschabbur, müsse binnen 72 Stunden das Land verlassen, teilte das US-Außenministerium mit.
Die Ausweisung geschieht in einer konzertierten Aktion. Frankreich und Australien hatten zuvor bekannt gegeben, syrische Botschafter auszuweisen. Die syrische Botschafterin in Paris, Lamia Schakkur, werde noch am Dienstag oder am Mittwoch über die Entscheidung informiert, sagte der französische Präsident François Hollande in Paris. Wie Australiens Außenminister Bob Carr erklärte, müssten der syrische Geschäftsträger und ein anderer Diplomat das Land binnen 72 Stunden verlassen. Auch Großbritannien plant nach Angaben von EU-Diplomaten in Brüssel, den syrischen Vertreter nach Hause zu schicken. Italien und Spanien könnten sich ebenfalls an der Aktion beteiligen.
Die Bundesregierung hatte bereits im Febraur vier Mitarbeiter der Botschaft ausgewiesen. Ihnen wurde vorgeworfen, Mitglieder der syrischen Opposition in Deutschland bespitzelt und eingeschüchtert zu haben. Die deutsche Botschaft in Damaskus ist wegen der angespannten Sicherheitslage bereits seit Monaten geschlossen.