Süddeutsche Zeitung

Union:"Es müssen alle Fakten auf den Tisch"

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In der Masken-Affäre gebe es nichts schönzureden, sagt Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei. CDU und CSU wollen die Vorwürfe aufklären, Abgeordnete sollen Kontakte offenlegen.

Von Constanze von Bullion und Andreas Glas, Berlin

Nach Geschäften mit Corona-Masken und Korruptionsvorwürfen gegen mehrere Unionspolitiker wollen CDU und CSU die Transparenzregeln für die eigene Fraktion verschärfen. Bezahlte Beratungs- und Vermittlungstätigkeiten im eigenen Aufgabengebiet sollen ausgeschlossen werden. Beim geplanten Lobbyregister soll noch einmal nachgebessert werden. "Wir werden die Vorgänge um Abgeordnete unserer Fraktion mit großer Konsequenz aufklären", heißt es in einem Schreiben der Fraktionsspitze an alle Mitglieder. Wer versuche, aus der Not der Pandemie einen finanziellen Vorteil zu ziehen, habe in der Fraktion "keinen Platz".

Im geschäftsführenden Fraktionsvorstand hatte Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) nach Angaben von Teilnehmern angekündigt, alle Abgeordnete würden aufgefordert, problematische Kontakte zu Lobbyisten freiwillig aufzudecken. "Der Fraktionsvorsitzende war sehr, sehr klar in seiner Ansage", sagte Fraktionsvize Thorsten Frei (CDU) der SZ. "In einer solchen Situation gibt es nichts schönzureden. Es müssen alle Fakten auf den Tisch."

Weil weitere Korruptionsfälle befürchtet werden, soll ein "Anforderungs- und Sanktionsregime" zu Nebentätigkeiten eingeführt werden. Für Abgeordnete in herausgehobener Funktion sollen ähnlich strenge Transparenzregeln gelten wie für Regierungsmitglieder. Sogenannte wesentliche Unternehmensbeteiligungen sollen offengelegt und der Grenzwert für zu meldende Parteispenden abgesenkt werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Namen aller Bundestagsabgeordneten öffentlich machen, die wegen der Beschaffung von Corona-Schutzmasken an sein Ministerium herangetreten sind. Dies soll nach Rücksprache mit der Bundestagsverwaltung geschehen.

Die Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein (CSU) und Nikolas Löbel (CDU) sollen Provisionen in sechsstelliger Höhe für die Vermittlung von Masken-Geschäften kassiert haben. Die Abgeordneten wehrten sich gegen die Vorwürfe, erklärten aber ihren Rückzug aus der Unionsfraktion. Auf Druck auch der Partei-und Fraktionsspitze kündigte Löbel an, nach seiner Fraktion auch den Bundestag und die CDU zu verlassen. Nüßlein ist nur aus der Unionsfraktion sowie der CSU ausgetreten.

"Dieser Schritt war unausweichlich, auch um weiteren Schaden von der CSU abzuwenden", teilte CSU-Generalsekretär Markus Blume am Rande einer Schalte des Parteipräsidiums mit, das die Masken-Affäre kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt hatte. Dort wurde über parteiinterne Konsequenzen beraten. "Wer sich an der Not bereichert, lässt es am moralischen Kompass und auch an politischem Anstand fehlen", sagte Blume.

Im Vorfeld der Sitzung hatte CSU-Chef Markus Söder seinen Parteikollegen Nüßlein aufgefordert, auch sein Bundestagsmandat mit sofortiger Wirkung aufzugeben. "Ich bin der festen Auffassung, dass ein klarer Schnitt besser ist als ein Verlängern", sagte Söder. Durchsetzen konnte er sich mit seiner Forderung nicht. Nüßlein will vorerst im Bundestag bleiben.

Angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, aber auch wegen drohender weiterer Enthüllungen, befürchten zahlreiche Unionspolitiker nun einen Flächenbrand. "Das Fehlverhalten einiger Bundestagsabgeordneter beschädigt massiv das Vertrauen auch in die Tätigkeit Hunderter rechtschaffener Abgeordneter", sagte der CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter der SZ. Er sei aber "zuversichtlich", dass die Partei- und Fraktionsspitze das Problem "erfolgreich" anpacke.

Aus der Opposition kam scharfe Kritik. FDP-Chef Christian Lindner forderte einen Sonderermittler, um die Affäre aufzuklären. Man müsse auch schauen, was "auf der anderen Seite des Beschaffungsprozesses, also in den Ministerien passiert ist", sagte er beim Sender RTL/n-tv. Die neue Linken-Vorsitzende Janine Wissler bezeichnete Überlegungen der Union als unglaubwürdig, das von der Bundesregierung geplante Lobbyregister nachzuschärfen. "Die Union hat über Jahrzehnte erfolgreich verhindert, dass politische Korruption in Deutschland lückenlos unter Strafe gestellt wird", sagte Wissler. "Der Maskenaffäre folgt bisher nichts, außer wohlfeilen Ankündigungen", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann.

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