AfD Baden-WürttembergKampfansage in Südwest

Lesezeit: 4 Min.

Will als Spitzenkandidat der AfD das schwarz-grüne Duell um die Nachfolge von Winfried Kretschmann aufmischen: Markus Frohnmaier, 34 Jahre alt.
Will als Spitzenkandidat der AfD das schwarz-grüne Duell um die Nachfolge von Winfried Kretschmann aufmischen: Markus Frohnmaier, 34 Jahre alt. (Foto: Markus Lenhardt/DPA)

Könnte Markus Frohnmaier Ministerpräsident in Baden-Württemberg werden? Das möchte der Weidel-Vertraute mit heikler Vergangenheit glauben machen. Den Spitzenkandidaten von Grünen und CDU, Cem Özdemir und Manuel Hagel, dürfte das missfallen.

Von Roland Muschel, Stuttgart

Markus Frohnmaier war immer nah dran an den Größen der AfD. Als Frauke Petry noch die Partei führte, war er ihr Sprecher. Petry nannte den 1,70 Meter großen, ehemaligen Rugbyspieler ihren „Kampfzwerg“, weil Frohnmaier sehr robust austeilte. Heute gilt er als Vertrauter von Alice Weidel, der aktuellen AfD-Bundesvorsitzenden. Erst am Dienstag herzten sich die beiden im Bundestag vor Freude, als die Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler im ersten Wahlgang gescheitert war.

Jetzt hat sich Frohnmaier selbst Großes vorgenommen. Am Freitag sitzt der Böblinger Bundestagsabgeordnete im Medienzentrum des Stuttgarter Landtags auf der Bühne der Landespressekonferenz und sagt, er wolle Ministerpräsident von Baden-Württemberg werden. Auf einem Parteitag am 31. Mai will die AfD Frohnmaier dann auch offiziell zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im März 2026 küren.

Frohnmaier hat ein Sofortprogramm mitgebracht, neun Punkte, die eine AfD-geführte Regierung in den ersten 100 Tagen umsetzen wolle. Die erste Maßnahme werde ein Energierabatt sein, sagt Frohnmaier. Dafür sollten 400 Millionen Euro umgeleitet werden, die das Land bislang in den Klimaschutz stecke. Es geht in diesem Stuttgarter Sofortprogramm um eine maximal restriktive Migration, und, etwas überraschender, um einen „Kurswechsel in der Außenpolitik“. Innerhalb der ersten 100 Tage werde „AfD-Ministerpräsident Frohnmaier“ in die USA und nach Russland reisen, heißt es in dem Papier. Zur Wiederbelebung der wirtschaftlichen Beziehungen.

Die Union sieht nicht mehr die Grünen als gefährlichsten Konkurrenten im Wahlkampf – sondern die AfD

Ministerpräsident, das klingt wie eine Kampfansage, aber auch ein wenig vermessen, bei 18 Prozent in der aktuellen Sonntagsfrage. Denn Baden-Württemberg ist nicht Mecklenburg-Vorpommern, wo 2026 ebenfalls gewählt wird und wo die AfD die Umfragen klar anführt. Der Südwesten dagegen galt lange als eine sehr verlässliche Hochburg der Grünen, seit 2011 regiert Ministerpräsident Winfried Kretschmann das Land. Seit geraumer Zeit allerdings führt die CDU in allen Umfragen, sie ist derzeit Juniorpartner der Grünen. Bislang galt, dass die designierten Spitzenkandidaten von CDU und Grünen, Manuel Hagel und Cem Özdemir, die Nachfolge von Kretschmann unter sich ausmachen, der 2026 nicht mehr antritt.

Haben sie die AfD unterschätzt? Oder ist Frohnmaiers Ministerpräsidentenkandidatur nur ein Marketinggag? Denn einerseits glaubt wirklich niemand, dass ausgerechnet im reichen Baden-Württemberg die AfD erstmals einen Ministerpräsidenten stellen wird. Allein schon, weil niemand mit der Partei koalieren will, die Brandmauer steht hier ziemlich stabil. Festhalten lässt sich aber auch, dass die CDU im Südwesten besorgt auf die bundesweiten Umfragen blickt, in denen die AfD der Union ziemlich nahe rückt.

Nicht mehr die Grünen sehen die Christdemokraten neuerdings als ihren gefährlichsten Konkurrenten im Wahlkampf, sondern die AfD. Und damit auch Markus Frohnmaier, 34, geboren in Rumänen, verheiratet mit einer russischen Journalistin, als Kleinkind von einem schwäbischen Ehepaar adoptiert und in Weil der Stadt nahe Stuttgart aufgewachsen. Kurz war er CDU-Mitglied, später Mitbegründer der Jungen Alternative Deutschland, sein Jura-Studium hat er nicht abgeschlossen. Nach einem Herzinfarkt habe er Prioritäten setzen müssen, sagt er. Eine davon ist die Karriere in der AfD.

Frohmaiers Vergangenheit könnte ihm im Wahlkampf schaden

Sein Ziel sei es, auf Augenhöhe mit der CDU zu landen, „wenn nicht sogar vor ihr“, sagt Frohnmaier Anfang Mai in einem Besprechungsraum der AfD-Landesgeschäftsstelle. Die Wähler hätten nicht vergessen, dass die CDU im Wahlkampf bei Migration oder der Schuldenbremse anderes versprochen habe, als sie nun tue. Frohnmaier trägt ein Hemd mit Manschettenknöpfen, das Sakko mit Einstecktuch hängt über der Stuhllehne. Eben hat er noch eine Zigarre geraucht.

„Friedrich Merz hat Manuel Hagel einen richtig großen Rucksack für den Wahlkampf geschnürt“, sagt er nun. Dieser Wahlkampf werde am Ende wahrscheinlich auf ein Duell Hagel/Frohnmaier hinauslaufen. Denn die AfD habe mittlerweile verstanden, den Bürgern ihre Positionen „ruhig und sachlich“ zu vermitteln. Eine Partei, die bundesweit bei über 20 Prozent Zustimmung liege, müsse es „dem Nachbarn so einfach wie möglich machen, sich für die AfD zu entscheiden“.

Die Strategie klingt aus AfD-Sicht plausibel, hat aber möglicherweise einige Schwächen. Eine der größeren könnte die Vergangenheit des Kandidaten sein. Denn so ruhig und sachlich wie in diesen Tagen klang Frohnmaier nicht immer. Er empfahl sich innerparteilich vielmehr als Scharfmacher, bei der Jungen Alternative (JA) nannten sie ihn „Frontmaier“.

In Erinnerung geblieben ist etwa sein Auftritt auf dem Erfurter Domplatz auf Einladung von Björn Höcke am 28. Oktober 2015. Frohnmaier redet da als JA-Chef vor rund 4000 Leuten, er schimpft über „Asylforderer“ und die Grünen: „Ich sage diesen linken Gesinnungsterroristen, diesem Parteienfilz ganz klar: Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht – denn wir sind das Volk, liebe Freunde!“

Frohnmaier kandidiert nicht für den Landtag – wird er nicht Ministerpräsident, bleibt er in Berlin

Als das Bundesamt für Verfassungsschutz 2019 die Junge Alternative und Höckes Flügel zum „Verdachtsfall“ und die gesamte AfD 2019 zum „Prüffall“ erklärte, zitierte es auch Frohnmaiers Sätze von Erfurt. Die Rede sei zehn Jahre her und in einer Tonalität gewesen, „die ich heute so nicht mehr wiederholen würde“, sagt er jetzt in der Landesgeschäftsstelle.

Es ist der Tag, an dem der Verfassungsschutz die Gesamtpartei als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ einstuft. Und auch wenn der Inlandsgeheimdienst diese Bezeichnung bis zu einer Eilentscheidung über eine AfD-Klage gegen diese Einstufung nicht mehr wiederholen will: Der ganze Vorgang dürfte Frohnmaiers Strategie wenig zuträglich sein, dem Nachbarn die Wahl der AfD zu erleichtern. Frohnmaier jedoch findet, dass das Vorgehen der Verfassungsschützer seiner Partei nicht schade. Es unterstreiche vielmehr die Hilflosigkeit der anderen Parteien im Umgang mit der AfD.

Und noch eine Schwäche seiner Kandidatur versucht er in eine Stärke umzudeuten: Frohnmaier kandidiert nicht für den Landtag. Dem Bundestag will er nur den Rücken kehren, wenn er Ministerpräsident wird. Die AfD präferiere eine klare Trennung zwischen Parlament und Regierung, sagt Frohnmaier, daher sei sein Vorgehen nur folgerichtig.

Diese Sichtweise teilen selbst in der AfD nicht alle. Frohnmaier nimmt zwar für sich in Anspruch, den Landesverband gemeinsam mit seinem Co-Landeschef Emil Sänze befriedet zu haben. Es ist trotzdem nicht allzu schwierig, Kritiker zu finden. Einer sagt, mit seinem Profil – jung, unerfahren, ohne Studienabschluss – verkörpere Frohnmaier genau das, was die AfD sonst an Grünen-Politikern kritisiere.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

MeinungExtremismus
:Die AfD sollte sich nicht zu früh freuen

SZ PlusKommentar von Ronen Steinke
Portrait undefined Ronen Steinke

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: