"Heidenau - die freundliche Elbestadt": So sieht sich die 16 000-Einwohner-Stadt in Sachsen selbst. Familienfreundlichkeit wird großgeschrieben auf der offiziellen Homepage. Ganz anders schaut aktuell der Rest der Welt auf Heidenau - "freundlich" ist so gar kein Adjektiv, dass einem angesichts der gewalttätigen und hasserfüllten Proteste gegen die Flüchtlingsunterkunft in einem ehemaligen Baumarkt einfallen will.
Ganz besonders deutlich wird die Diskrepanz zwischen Fremd- und Selbstbild in einem Musikvideo, das Heidenau im Juni 2012 bei Facebook vorgestellt und bei Youtube hochgeladen hat. "Unser Song - Mein Heidenau" heißt der kleine Film, der angesichts der Ausschreitungen vom Wochenende jetzt wieder aus den Tiefen des Internets hervorgekramt wurde.
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"Na komm, tritt ein, du bist willkommen, setz dich zu uns, krieg das Zu-Haus-Gefühl" - die erste Zeile des Refrains wirkt wie schwärzester Sarkasmus. Die Flüchtlinge, die in einem ehemaligen Baumarkt ein Notquartier beziehen sollen, werden in dem Ort schließlich nicht mit offenen Armen begrüßt, sondern mit Transparenten auf denen steht, dass Heidenau "auf Asylbewerber bestens verzichten kann". Als "Schweine" und "Viehzeug" werden die Menschen beschimpft, die oft monatelang auf der Flucht vor Bürgerkriegen, Gewalt und bitterster Armut waren.
Die Sonnenschein-Aufnahmen des Films wollen so gar nicht zu den Bildern eines pöbelnden Mobs passen, der mit Böllern und Steinen auf Polizisten wirft.
Nazi-Krawalle in Heidenau:Wenn sich Fremdenhass entlädt
Es sind beklemmende Bilder: Im sächsischen Heidenau eskaliert die Fremdenfeindlichkeit - die zweite Nacht in Folge.
Unter dem drei Jahre alte Youtube-Post empören sich nun Nutzer. "Das gilt wohl nur, wenn man weiß, besoffen und rassistisch ist. Dreckskaff!!", "Man kann sich nur schämen" und "Euer Heidenau ist ganz schön scheiße" steht da. Parallel wird rechtsradikale Hetze gepostet.
Dass Heidenau aktuell als Inbegriff für Fremdenhass und Rechtsradikale gilt, wird all jenen Einwohnern der Stadt nicht gerecht, die offen und hilfsbereit auf die eintreffenden Asylbewerber zugehen. Auf genau solche Zeichen der Anteilnahme hofft auch Heidenaus Bürgermeister Jürgen Opitz: "Ich bitte Sie um Zeichen der Solidarität mit den bereits in Heidenau befindlichen Flüchtlingen und mit denen, die in den nächsten Tagen im ehemaligen Praktiker Baumarkt eine erste Zwischenstation auf ihrer beschwerlichen Flucht finden sollen", erklärt er.
Auch wenn das Video angesichts der aktuellen Ereignisse eine gewisse Ironie birgt, Häme hat es nicht verdient. Vielmehr sollte es Vision und Ansporn sein, Selbst- und Fremdbild wieder in Einklang zu bringen.