Der scheidende niederländische Regierungschef Mark Rutte ist offiziell zum nächsten Generalsekretär der Nato ernannt worden. Der 57-Jährige soll Anfang Oktober die Nachfolge des Norwegers Jens Stoltenberg antreten, wie das Verteidigungsbündnis nach einer Sitzung der ständigen Vertreter der 32 Nato-Staaten im Brüsseler Hauptquartier mitteilte.
Ruttes Vertrag läuft zunächst über vier Jahre. Der Niederländer gilt als äußerst erfahrener Außenpolitiker. Er ist seit fast 14 Jahren Regierungschef der Niederlande, so lange wie noch keiner vor ihm und ist damit auch einer der aktuell dienstältesten Regierungschefs der EU. Am kommenden Dienstag wird sein Nachfolger Dick Schoff vereidigt.
Hauptaufgabe des Generalsekretärs der Nato ist es, die politischen Abstimmungsprozesse zwischen den Alliierten zu koordinieren und dafür zu sorgen, dass auch bei schwierigen Themen ein Konsens erzielt werden kann. Weil er auch Handlungsvorschläge machen kann, spielt er damit gerade in Zeiten von Krisen oder Konflikten eine entscheidende Rolle. Zudem repräsentiert der Generalsekretär das Verteidigungsbündnis auf internationaler Ebene und leitet als oberster Verwaltungsbeamter das Nato-Hauptquartier.
Was bedeutet die mögliche Rückkehr Trumps für die Nato?
Eine besonders große Herausforderung dürfte der neue Job für Rutte werden, falls Donald Trump nach der US-Präsidentenwahl im November Anfang des kommenden Jahres ins Weiße Haus zurückkehren sollte. Äußerungen des Republikaners hatten in der Vergangenheit Zweifel daran geweckt, ob die USA unter seiner Führung uneingeschränkt zur Beistandsverpflichtung stehen würden. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte Trump immer wieder über die seiner Ansicht nach zu niedrigen Verteidigungsausgaben von europäischen Alliierten gewettert und zeitweise sogar mit einem Austritt der USA aus dem Bündnis gedroht.
Selbst wenn Trumps nicht zurückkehren sollte, wird Rutte stark gefordert sein. Das liegt vor allem daran, dass der Krieg Russlands gegen die Ukraine das sicherheitspolitische Umfeld völlig verändert hat. Die Alliierten sind sich nicht einig darüber, ob der Ukraine in diesen Zeiten eine klare Perspektive für eine Aufnahme in die Nato gegeben werden sollte oder nicht. Länder wie Deutschland und die USA sind dagegen, weil sie befürchten, dass ein solcher Schritt dazu führen könnte, dass Russland seinen Krieg noch aggressiver fortführt. Länder wie Polen oder die baltischen Staaten bewerten das anders.
Der derzeitige Vertrag des amtierenden Nato-Generalsekretärs Stoltenberg läuft noch bis 1. Oktober. Dann wird er den Posten zehn Jahre lang innegehabt haben. Die Entscheidung über seinen Nachfolger Rutte begrüßte Stoltenberg: „Mark ist ein wahrer Transatlantiker, eine starke Führungspersönlichkeit und jemand, der Konsens bildet.“ Er wünsche ihm viel Erfolg und wisse, dass er die Nato in gute Hände übergebe.
Der 65-jährige Stoltenberg hatte in der Vergangenheit schon mehrfach angekündigt, das Amt aufgeben zu wollen. Im vergangenen Sommer scheiterten allerdings Versuche der Mitgliedstaaten, sich auf einen Nachfolger zu einigen. In der Geschichte des Bündnisses ist Stoltenberg mittlerweile der am zweitlängsten amtierende Generalsekretär. Am längsten war bislang der Niederländer Joseph Luns der höchste internationale Beamte der Allianz. Er amtierte von 1971 bis 1984.