Frankreich:Pariser Staatsanwalt ermittelt nach Korruptionsvorwürfen gegen Le Pen

Frankreich: Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen bei einer Wahlkampfveranstaltung im April.

Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen bei einer Wahlkampfveranstaltung im April.

(Foto: Thibault Camus/AP)

Die EU-Betrugsbehörde Olaf wirft der französischen Präsidentschaftskandidatin und ihren Angestellten Veruntreuung von 600 000 Euro vor. Ihr Anwalt spricht von politischer "Instrumentalisierung".

Eine Woche vor der entscheidenden Runde der Präsidentschaftswahl in Frankreich gehen die Behörden Korruptionsvorwürfen gegen die rechtsnationale Kandidatin Marine Le Pen nach. Die Pariser Staatsanwaltschaft bestätigte am Sonntag, dass sie bereits im März einen Bericht der EU-Antikorruptionsbehörde Olaf erhalten habe und diesen auswerte. Während ihrer Zeit als Europaabgeordnete sollen die französische Rechtspopulistin und einige ihrer Mitarbeiter etwa 600 000 Euro veruntreut haben. Das französische Nachrichtenportal Mediapart veröffentlichte am Samstag Auszüge aus dem Bericht der europäischen Betrugsbekämpfungsbehörde.

Kurz vor der Stichwahl, in der Le Pen gegen Präsident Emmanuel Macron antritt, kommt die Nachricht für die Politikerin zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Ihr Anwalt Rodolphe Bosselut nennt die Berichte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP eine "Instrumentalisierung" von Fakten, die teilweise seit mehr als zehn Jahren bekannt seien. Marine Le Pen sei "von keiner französischen Justizbehörde vorgeladen" worden und zuletzt im März 2021 zu der Sache schriftlich befragt worden.

Laut Mediapart geht es in dem Olaf-Bericht um Ausgaben von Mitgliedern des Europaparlaments und ihren Angestellten. Demnach haben Le Pen und ihre Mitarbeiter mehrere hunderttausend Euro für nationale politische Zwecke, private Ausgaben und Dienstleistungen ihrer Partei verwendet. Namentlich genannt werden in dem Bericht Marine Le Pen, ihr Vater Jean-Marie Le Pen, ihr Ex-Partner Louis Aliot und der ehemalige rechtsextreme Europaabgeordnete Bruno Gollnisch. Die Politikerin persönlich habe demnach 137 000 Euro veruntreut, die sie nun zurückzahlen sollte.

Die Pariser Staatsanwaltschaft bestätigte der Nachrichtenagentur AFP, dass sie den Bericht am 11. März erhalten habe und ihn derzeit prüfe. Seit Juni 2017 wird gegen Marine Le Pen auch wegen des Verdachts ermittelt, Parteimitgliedern eine Scheinbeschäftigung als Assistenten im Europäischen Parlament verschafft zu haben.

Le Pen ist nicht die einzige Politikerin der ehemaligen Partei Front National (FN), die inzwischen "Rassemblement National" (Nationale Sammlungsbewegung) heißt, denen das EU-Parlament Scheinbeschäftigungsverhältnisse vorwirft. Unter anderem ihr Vater und Gollnisch sollen ebenso vorgegangen sein.

Bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl vor einer Woche hatte sich Amtsinhaber Emmanuel Macron vor Le Pen und anderen Bewerbern durchgesetzt. Kommenden Sonntag stellen sich beide der entscheidenden Stichwahl.

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