Manuel Noriega: Ausgeliefert:Prisoner of Rock and Roll

CIA-Spitzel, Drogenhändler, Diktator und mit Hilfe von Rockmusik festgenommen: Die Geschichte von Panamas Ex-Diktator Noriega ist so unglaublich wie die US-Politik in Lateinamerika.

Wolfgang Jaschensky

Panama ist ein kleines Land in Lateinamerika, über das in Deutschland selten gesprochen oder geschrieben wird. Bekannt sind hier allemal der Panamakanal und das Buch mit der Tigerente, das Oh, wie schön ist Panama heißt. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung verriet der Autor Janosch vor einigen Jahren, wie er auf Panama gekommen war: "Ich machte eines Tages das Radio an, und plötzlich ging es da um Panama und darum, dass dieser Mann, dieser Drogenhändler ..."

General Manuel Antonio Noriega, dpa

Sein Name steht für Korruption, Morde, Willkürherrschaft: General Manuel Antonio Noriega.

(Foto: Foto: dpa)

Der Mann, der später tatsächlich der bekannteste Drogenhändler Panamas werden sollte, heißt General Manuel Antonio Noriega. Er war aber nicht nur Drogenhändler: Noriega bestimmte in den 1980er Jahren als Militärchef und Machthaber das blutige Schicksal des Landes. Sein Name steht für Korruption, Morde, Willkürherrschaft und - wie kaum ein anderer - für die verfehlte Politik der Vereinigten Staaten in Lateinamerika.

An diesem Dienstag wurde Noriega nun nach jahrelangem juristischen Tauziehen von den USA an Frankreich ausgeliefert. Dort war er bereits 1999 wegen Geldwäsche zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Zu dieser Zeit saß er aber bereits seit neun Jahren in den USA in Haft. Nach der Auslieferung soll es jetzt einen neuen Prozess geben: Der Mann, der wegen seines pockennarbigen Gesichts den Spitznamen Cara de Pina (Ananasgesicht) trägt, wird beschuldigt, in den achtziger Jahren etwa 3,15 Millionen Dollar aus Drogengeschäften auf Konten französischer Banken gewaschen zu haben.

Wegen seiner Verwicklung in den Drogenhandel war Noriega vor mehr als 20 Jahren auch bei seiner einstigen Schutzmacht, den USA, in Ungnade gefallen. Präsident George Bush senior witterte damals die Gelegenheit, zu demonstrieren, dass er den Kampf gegen Rauschgift ernst meint - und den Hardlinern im Land zu beweisen, dass er durchgreifen kann.

Bush ordnete die Operation "Just Cause" (Gerechte Sache) an und am 20. Dezember 1989 marschierten 24.000 US-Soldaten in Panama ein. Der Widerstand von Noriegas Anhängern war schnell gebrochen, doch der Diktator flüchtete sich in die Botschaft des Vatikans.

Da Papst Johannes Paul II. den Ex-Diktator Noriega nicht ohne weiteres ausliefern wollte, stellte die US-Einheit für psychologische Kriegsführung gigantische Lautsprecher vor der Botschaft auf und beschallte den Zufluchtsort des Opernliebhabers Tag und Nacht mit Songs wie You Shook Me All Night Long von AC/DC, No More Mister Nice Guy von Alice Cooper oder Prisoner of Rock and Roll von Neil Young. Nach elf Tagen gab Noriega auf - und landete wenig später im Gefängnis in Florida.

Oh, wie schön wär' Panama

Bush konnte den Einsatz als Erfolg verkaufen - dabei waren die USA und auch er selbst alles andere als unschuldig am Aufstieg des Generals. Zwischen 1971 und 1987 stand Noriega auf der Gehaltsliste der CIA und kassierte Jahr für Jahr jährlich bis zu 200.000 Dollar. Bush und Noriega kannten sich seit 1976 persönlich, sie trafen als Geheimdienstchefs ihrer Länder zusammen. Die Verbindungen der beiden hatten sich danach so gut entwickelt, dass später ein Senatsausschuss feststellte, die Beziehungen der CIA zu Noriega seien dafür verantwortlich, dass nicht früher etwas gegen den Diktator unternommen wurde.

Nach mehr als zwei Jahrzehnten in US-Haft steht Noriega jetzt also wohl mindestens ein Jahrzehnt in einem französischen Gefängnis bevor. Pariser Medien berichten, die Auslieferung Noriegas sei Ergebnis eines geheimen Abkommens zwischen den USA, Frankreich und Panama. Die Länder hätten verhindern wollen, dass Noriega nach Panama zurückkehren darf.

Darauf hatte Noriega gehofft. In seiner Heimat wartet auf ihn zwar eine 20-jährige Haftstrafe wegen der Beteiligung an der Ermordung politischer Gegner. Allerdings würde er die Strafe aufgrund seines hohen Alters als Hausarrest antreten - und könnte seine Familie wiedersehen.

Oh, wie schön wär' Panama.

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