Süddeutsche Zeitung

Malta:Vom Außenseiter an die  Spitze

Robert Abela wird neuer Premierminister, nachdem sein Vorgänger im Skandal um die Ermittlungen im Fall der ermordeten Journalistin Caruana Galizia zurücktreten musste.

Von Andrea Bachstein

Mit ihm hatte eigentlich keiner gerechnet, und doch wird Robert Abela nun nächster Regierungschef in Malta. Der 42-Jährige galt als Außenseiterkandidat bei der Wahl des neuen Vorsitzenden der regierenden Arbeitspartei. Als aber in der Nacht zum Sonntag die Stimmen ausgezählt waren, stand fest, dass sich eine solide Mehrheit von 58 Prozent der 17 500 Labourmitglieder für Abela entschieden hatte, die erstmals in einer Urwahl ihren Parteichef bestimmten. Noch in der Nacht versammelten sich vor dem Parteisitz in der Hauptstadt Valletta Anhänger Abelas, um ihn zu bejubeln. Als Chef der Labour-Party wird Abela nun automatisch Premierminister des Inselstaats. Abela wurde erst vor drei Jahren als Abgeordneter gewählt und war kein Politiker der ersten Reihe, vielmehr springt er direkt von der parlamentarischen Hinterbank auf den Regierungssessel.

Abela folgt dem bisherigen Premier Joseph Muscat, der am 1. Dezember seinen Rücktritt für den 12. Januar angekündigt hatte. Muscats Position war im Zusammenhang mit der Ermordung der Investigativjournalistin Daphna Garuana Galizia unhaltbar geworden. Zwei von Muscats Regierungsmitgliedern - Kabinettschef Keith Schembri und Tourismusminister Konrad Mizzi - waren Ende November zurückgetreten. Der mutmaßliche Drahtzieher des Mordes an Garuana Galizia, die 2017 durch eine Autobombe getötet wurde, hatte die beiden Politiker schwer belastet. Wie zuvor Material zu Korruption, Geldwäsche und Offshore-Konten, das Garuana Galizia recherchiert und veröffentlicht hatte. An Schembris und Mizzis Kontakten zu dem als mutmaßlichen Auftraggeber des Mordes an der Journalistin Verdächtigen konnte es spätestens seit vergangenen November keine vernünftigen Zweifel mehr geben. Muscat hatte aber über Jahre nicht reagiert auf die starken Indizien für die schmutzigen Geschäfte seiner Regierungsmitglieder, gegen die nun ermittelt wird. Muscats Glaubwürdigkeit war schwer beschädigt, die schleppenden Ermittlungen im Mordfall Galizia gerieten zum internationalen Skandal. In Malta, aber auch im Ausland waren die Zweifel groß, dass mit Muscat als Premier der Fall vorbehaltlos aufgeklärt werden würde. Tausende Demonstranten zogen in Malta tagelang auf die Straße und forderten den sofortigen Rücktritt des Premiers.

Der Premier kündigt an, das Image der Insel aufzupolieren und den Rechtsstaat zu stärken

Robert Abela hatte sich dafür ausgesprochen, die beiden belasteten Kabinettsmitglieder früher zu entlassen. Ansonsten allerdings scheint Abela, von Beruf Anwalt und Sohn des früheren maltesischen Präsidenten George Abela, für Kontinuität zu stehen. Er wolle nicht alles auf den Kopf stellen, kündigte der neue Premierminister an, sondern die Politik seines Vorgängers fortführen. Allerdings will er das Image Maltas aufpolieren. Er werde den Rechtsstaat stärken, versprach er am Sonntagabend in seiner Antrittsrede. "Wir haben aus unseren Fehlern gelernt, und sie werden sich nicht wiederholen", sagte er, ohne konkret zu werden.

Bei seiner Kandidatur für den Parteivorsitz setzte er darauf, die Basis der Arbeitspartei für sich zu gewinnen. Abela lehnte es ab, Absprachen zu treffen und dass Parteigrößen für ihn warben. Dass er sich für genuin sozialdemokratische Themen einsetzte, überzeugte wohl viele Parteimitglieder. Er engagierte sich bisher in der Sozialpolitik, und kündigte an, sich dafür einzusetzen, dass Rentner kostenlos Zugang zum Gesundheitswesen erhalten. Er versprach mehr Sozialwohnungen und bessere Arbeitsbedingungen. Darüber hinaus sprach er sich dagegen aus, dass Migranten als Billiglohn-Arbeiter benutzt werden. Auch kritisierte Abela, die Nähe seiner Partei zur Großindustrie.

Eigentlich war erwartet worden, dass das Rennen um den Parteivorsitz und den Posten des Premiers der bisherige Gesundheitsminister und Vize-Premier Chris Fearne machen würde. Er soll eine personelle Erneuerung der Regierung geplant haben. Der Times of Malta zufolge könnte Fearne geschadet haben, dass ausgerechnet der in den Mordfall Galizia verstrickte Ex-Minister Mizzi sich für ihn eingesetzt hat.

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SZ vom 13.01.2020
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