Malta:Schummrige Geschäfte ohne Konsequenzen

Regierungschef Muscat spricht zwei Ministern das Vertrauen aus, die in den Panama Papers vorkommen - das verstimmt Presse und Volk.

Von Oliver Meiler, Rom

In Malta ist gerade viel von "politischer Farce" die Rede, auch von "Kosmetik". Das Urteil gilt einer überraschenden Entscheidung des Premiers der Insel, Joseph Muscat, dessen Kabinett wegen der Enthüllungen aus den Panama Papers unter starkem Druck steht. Zwei von Muscats engsten Vertrauten, der bisherige Energie- und Gesundheitsminister Konrad Mizzi sowie sein Stabschef Keith Schembri, scheinen in den Papieren als Besitzer von Firmen in Panama und Trusts in Neuseeland auf, die sie gegründet haben, als sie bereits im Amt waren. Sie stehen dazu.

Als Muscat die Presse vorlud für eine wichtige Mitteilung, gingen viele Malteser davon aus, dass der Premier nach langem Zögern die beiden Herrschaften entlassen würde. Doch das tat er nicht. "Die Affäre um die Panama Papers schmerzt uns, persönlich und politisch", sagte Muscat zum Auftakt, "und selbst wenn dabei nichts Illegales passiert ist, sollte man doch besseres Verhalten erwarten können."

Dann gab er bekannt, dass Mizzi seine beiden Portfolios und den Vizevorsitz in der regierenden Labour Party abgeben werde, seinen Rang als Minister aber behalte - für nicht näher definierte Sonderaufgaben. Das Ressort Energie übernimmt der Premier persönlich. Schembri bleibt Stabschef. "Er ist keine politische Figur", sagte Muscat, "ich vertraue ihm." Das könnte sich ändern, räumte der Premier ein, wenn unabhängige Prüfer zum Schluss kämen, dass Mizzi und Schembri sich eines Vergehens schuldig gemacht hätten. Die Untersuchung laufe schon, könne aber noch "mehrere Monate" dauern.

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Sicherer Hafen für Geschäftemacher? Reiche Zuzüger können in Malta einen Pass für 650 000 Euro erwerben.

(Foto: Sascha Steinbach/Getty Images)

Die Kommentare in den Zeitungen sind fast durchwegs vernichtend. The Malta Independent zum Beispiel schreibt: "Der Premier hat jeden Sinn für Anstand verloren." Es sei auch für ihn Zeit abzudanken. Vor einigen Tagen publizierte dieselbe Zeitung eine interessante Umfrage. Sie hatte einer repräsentativen Auswahl von Maltesern zwei mögliche Szenarien unterbreitet und sie gebeten, ihre Wahlabsichten für beide Fälle zu äußern. Szenario 1: Mizzi und Schembri bleiben in ihren Ämtern. Dann würde die regierende Labour Party bei Neuwahlen deutlich verlieren. Verlassen die beiden hingegen die Regierung (Szenario 2), könnte Muscats Labour mit einem klaren Wahlsieg rechnen.

Der Premier hätte also empirisch geprüfte Gründe gehabt, die beiden Kabinettsmitglieder zu entlassen. Dass er es nicht tat, verwundert nur auf den ersten Blick. Muscat kann es sich bisher leisten, auf Zeit zu spielen: Im Parlament stützt ihn eine treue Mehrheit, die ihn bei einem Misstrauensvotum gegen das gesamte Kabinett schon einmal unterstützt hat. Nun liegt dem Parlament ein zweiter Antrag vor, der nur Minister Mizzi gilt. Muscat forderte seine Fraktion auf, auf Parteilinie zu bleiben und den Antrag abzulehnen. Abweichungen, sagte der Premier, seien bei Labour nur dann statthaft, wenn ein Parlamentarier dafür Moral- und Gewissensfragen anführen könne. In diesem Fall scheint ihm diese Bedingung nicht gegeben zu sein.

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Muscats Zögern erklärt sich auch damit, dass Mizzi und Schembri zu seinen wichtigsten Weggefährten gehören; das politische Schicksal der drei scheint eng miteinander verwoben zu sein. Als Beleg dafür werten die Malteser, dass sie alle Büronachbarn sind in der Auberge de Castille, dem Sitz des Regierungschefs im Zentrum Vallettas: Muscat lag es offenbar am Herzen, die Vertrauten in seiner Nähe zu behalten, als er an die Macht kam.

Pikant an der Bürogeschichte ist eine weitere Personalie: Auch der Finanzberater Brian Tonna, der Mizzi und Schembri bei der Eröffnung der Firmen in Panama geholfen hatte, hat einen Schreibtisch in der Auberge de Castille. Tonna ist Partner und Geschäftsführer der Treuhandfirma Nexia BT, mit der die panamaische Kanzlei Mossack Fonseca in Malta zusammenarbeitet. Er führt außerdem jenes Unternehmen, über das die Regierung seit zwei Jahren den Verkauf des maltesischen Passes abwickelt: Reiche Zuzügler können ihn für 650 000 Euro erwerben. Im Zuge der Enthüllungen ist nun publik geworden, dass Tonna die Rechnungen für seine Dienstleistungen über eine Drittfirma ausstellte, die ihren Steuersitz in den British Virgin Islands hat. Über die Hintergründe mochte Tonna sich bisher nicht äußern. Er sagte nur, das Finanzamt sei informiert gewesen.

Da kommt also viel Schummriges zusammen. Maltas Steuerbehörden beteuerten nun, sie hätten damit begonnen, alle in den Panama Papers genannten Personen und Firmen zu untersuchen. Man werde dann all jene Maßnahmen ergreifen, die sich aufdrängten. Das maltesische Volk könne sich dessen gewiss sein. Offenbar halten es die Behörden für angebracht, das Publikum zu beruhigen - mit ungewissem Erfolg.

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