Nach neuen Enthüllungen zum Mord an der Journalistin Daphne Caruana Galizia bereitet Maltas Regierungschef Joseph Muscat seinen Rücktritt vor. Im Fernsehen sagte Muscat am Sonntagabend, dass seine Regierungspartei am 12. Januar ein Verfahren zur Wahl eines neuen Ministerpräsidenten einleiten solle. Sobald ein neuer Ministerpräsident bestimmt sei, werde er zurücktreten und auch das Amt als Chef seiner Arbeiterpartei abgeben.
Im Fall der im Oktober 2017 mit einer Autobombe ermordeten maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia war am Wochenende Anklage gegen einen der mutmaßlichen Drahtzieher des Anschlags erhoben worden. Die Polizei wirft dem Unternehmer Yorgen Fenech Mittäterschaft an dem Mord vor. Darüberhinaus wird ihm Verschwörung zum Zweck eines Verbrechens, die Förderung oder Finanzierung einer kriminellen Vereinigung und die Teilnahme an Verbrechen dieser Vereinigung vorgeworfen. Das Gericht ordnete an, sämtliche Konten und Vermögenswerte Fenechs einzufrieren. Er gilt als einer der reichsten Männer Maltas. Der Unternehmer war in der vorvergangenen Woche von Sicherheitskräften verhaftet worden, als er versuchte, die Insel mit einer seiner Luxusyachten zu verlassen.
Der Anklage war ein politisches und juristisches Tauziehen um eine mögliche Amnestie für Fenech vorausgegangen. Er hatte Straffreiheit im Gegenzug für Informationen gefordert, die Keith Schembri, den ehemaligen Stabschef des Premierministers, im Fall der ermordeten Journalistin belasten. Schembri war nach Bekanntwerden der Vorwürfe am Dienstag von seinem Amt zurückgetreten und festgenommen worden, kam aber nach kurzer Zeit wieder frei. Eine Mehrheit des Kabinetts entschied am Donnerstag, keine Straffreiheit für Fenech zu empfehlen.
In Malta hat der Premierminister das Recht, dem Staatspräsidenten eine Amnestie zu empfehlen. Muscat hatte sich in der Entscheidung allerdings enthalten, da sie seinen langjährigen Vertrauten und Freund Keith Schembri betraf. Die Anklage Fenechs setzte die Labour-Regierung weiter unter Druck. Am Freitag hatten maltesische Medien bereits Muscats nahenden Rücktritt vermeldet. Sein Büro dementierte die Berichte. Er hatte zuvor mehrmals versichert, im Amt bleiben zu wollen, solange die Ermittlungen andauern.
Die Familie Daphne Caruana Galizias hatte ihrerseits Muscats Rücktritt gefordert, um eine "freie und vollständige Untersuchung seiner und Keith Schembris Rolle in Daphnes Ermordung zu ermöglichen". Wie sehr Muscats Rückhalt in der eigenen Partei schwindet, zeigten Äußerungen prominenter Labour-Politiker am Wochenende. Bildungsminister Evarist Bartolo schrieb auf Facebook: Wenn die Partei nicht "ehrlich auf das reagiert, was gerade passiert", seien die Chancen groß, dass sie "das Schicksal der Dinosaurier teile". Die Europaabgeordnete Miriam Dalli schrieb, sie fühle sich nach den jüngsten Enthüllungen "wütend und betrogen". Dalli gilt als mögliche Nachfolgerin Muscats.