Süddeutsche Zeitung

Malta:Erst Mordauftrag, dann Job beim Staat

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Die Aussage eines Taxifahrers im Mordfall "Daphne" belastet Maltas Regierung: Nachdem ihn ein Mittelsmann mit der Tötung der Journalistin beauftragte, bekam er ein Angebot von Mitarbeitern des Premiers.

Von Hannes Munzinger, München

Im Prozess um die Ermordung der maltesischen Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia hat am Mittwoch ein mutmaßlicher Mittelsmann vor Gericht ausgesagt. Der Taxifahrer Melvin Theuma belastete den Unternehmer Yorgen Fenech schwer. "Yorgen Fenech war das einzige Mastermind", sagte Theuma, "nur er sprach mit mir." Fenech galt schon vor der Aussage als einer der mutmaßlichen Drahtzieher hinter dem Mord an der Journalistin im Oktober 2017. Er war am vergangenen Samstag angeklagt worden.

Fenech habe ihn, so Theuma, im Frühjahr 2017 getroffen und beauftragt, einen bekannten Berufskriminellen zu kontaktieren, weil er Daphne Caruana Galizia töten lassen wolle. In den folgenden Tagen habe er jenen Alfred Degiorgio getroffen und den Auftragsmord abgesprochen. Alfred Degiorgio, sein Bruder George und ein weiterer Komplize wurden im Dezember 2017 festgenommen. Sie warten in Haft auf ihren Strafprozess.

Die Aussage Theumas belastet aber auch die maltesische Regierung. Denn kurz nachdem er den Mordauftrag vermittelt hatte, habe ihn der Geschäftsmann Fenech gewarnt, er werde in Kürze einen Anruf aus dem Büro des Premierministers erhalten. Dies sei dann auch geschehen und er sei zu einem Treffen mit Keith Schembri eingeladen worden, dem damaligen Stabschef von Premier Joseph Muscat. Schembri habe ihn durch den Amtssitz des Premiers geführt und Muscats Sekretär habe ihm im Anschluss einen Job im Regierungsapparat angeboten. "Ich hatte ihnen gesagt, dass ich ein Taxifahrer bin", erklärte Theuma vor Gericht. Er habe dennoch monatlich einen Scheck bekommen, obwohl er nie zur Arbeit erschienen sei.

Die für Regierungsangestellte zuständige Behörde erklärte am Mittwoch, man habe keine Unterlagen, welche die Behauptung Theumas bestätigen könnten. Keith Schembri war am vergangenen Dienstag von seinem Amt als Stabschef zurückgetreten und festgenommen worden. Yorgen Fenech hatte ihn zuvor in einem Verhör belastet. Schembri kam aber zwei Tage später wieder frei. Dies heizte die andauernden Massenproteste in Maltas Hauptstadt Valletta weiter an. Auch Kabinettsmitglieder kritisierten die Entscheidung der Ermittler. Er soll Zugang zu Briefings des maltesischen Geheimdienstes und der Polizei gehabt haben, durch die Premierminister Muscat über Ermittlungen informiert wurde. Zugleich soll Schembri in engem Kontakt mit dem Hauptverdächtigen Fenech gestanden haben. Vergangene Woche wurde ein Arzt festgenommen, der dem bereits festgenommenen Fenech Informationen von Schembri überbracht haben soll.

Die Beziehung zwischen dem Hauptverdächtigen und dem ehemaligen Stabschef des Premiers ist auch deshalb brisant, weil die drei mutmaßlichen Auftragsmörder vor ihrer Verhaftung gewarnt worden waren und versucht hatten, Beweismittel zu vernichten.

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Quelle:
SZ vom 05.12.2019
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