Malaysia:Warnung an die Mächtigen

Ein Gericht spricht den früheren Premier schuldig. Er soll einen Staatsfonds für eigene Zwecke ausgeplündert haben.

Von Tobias Matern

Er hatte mit einem geringen Strafmaß oder Freispruch gerechnet, und seine Partei war gerade dabei, sich von einer historischen Wahlniederlage langsam zu erholen. Nun hat ein Gericht in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur aber ein hohes Strafmaß gegen Najib Razak verkündet: Bis zu zwölf Jahre soll der frühere Premierminister ins Gefängnis, zudem eine Strafe von umgerechnet etwa 42 Millionen Euro zahlen. Ein Richter erklärte am Dienstag, es bestehe kein Zweifel daran, dass sich der prominente Politiker im Zuge des Finanzskandals um den Staatsfonds 1MDB eines massiven Machtmissbrauchs schuldig gemacht habe. Das Urteil sei "angemessen und verhältnismäßig", da Najib die Verbrechen als Premierminister aus einer "Vertrauensposition" heraus begangen habe. Auch solle es für andere Menschen in mächtigen Positionen eine abschreckende Wirkung entfalten.

Es laufen noch eine Reihe anderer Korruptionsprozesse gegen den Ex-Regierungschef, Anfang August wird er wieder vor Gericht erscheinen müssen. In den Verfahren geht es um hohe Summen, die Najib als Premierminister veruntreut haben soll. Den Staatsfonds 1MDB hatte er kurz nach seinem Amtsantritt im Jahr 2009 ins Leben gerufen und erklärt, dieser solle Malaysias wirtschaftliche Entwicklung beschleunigen. Der Fonds machte Schulden in Milliardenhöhe. Nach Erkenntnissen amerikanischer Ermittler sollen aus dem Fonds mindestens 4,5 Milliarden Dollar gestohlen und von Verbündeten Najibs gewaschen worden sein, um Hollywood-Filme zu finanzieren und ein Hotel, eine Luxusyacht, Kunstwerke, Juwelen und andere Luxusgüter zu kaufen. Auch der Ex-Premier habe sich persönlich Geld abgezwackt. Najib erklärte hingegen, kriminelle Banker hätten ihn in die Irre geführt.

Der ehemalige Regierungschef entstammt einer politischen Dynastie - sein Vater und Onkel führten das Land vor ihm. Najib galt in Malaysia lange Zeit als unbezwingbar, er regierte das Land 2009 bis 2018, der Skandal um den Staatsfonds bescherte seiner Partei eine Niederlage. Aber noch immer hat Najib einen Sitz im Parlament. Diesen muss er zunächst auch nicht abgeben. Im Februar konnte seine Partei sich dann zumindest wieder als Koalitionspartner in die Regierung einbringen. Daher zweifeln Beobachter daran, dass Najib seine Haftstrafe tatsächlich absitzen muss. Der Ex-Premierminister kündigte an, er werde Berufung gegen das Urteil einlegen. Aus seiner Sicht sind die Vorwürfe gegen ihn politisch motiviert. Oppositionsführer Anwar Ibrahim sagte hingegen, das Urteil könne dazu beitragen, das angekratzte Image der Nation wieder zu verbessern. Der Ex-Premier habe sich und seine Freunde versorgt, statt die Entwicklung des Landes voranzutreiben.

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