- Nach dem Absturz der Passagiermaschine auf dem Weg nach Kuala Lumpur verwehren die Separatisten internationalen Beobachtern vollständigen Zugang zur Absturzstelle.
- US-Kreisen zufolge sollen prorussische Separatisten hinter Abschuss stecken - Regierung äußert sich vorsichtig.
- Russland weist Vorwürfe zurück.
OSZE-Mitarbeiter werden behindert
Prorussische Separatisten haben internationalen Beobachtern den vollständigen Zugang zur Absturzstelle des malaysischen Passagierflugzeugs in der Ukraine verwehrt. Die Beobachter könnten sich nicht uneingeschränkt bewegen, hieß es von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien. Berichte, wonach die etwa 20 OSZE-Vertreter beschossen worden seien, dementierte die Organisation. In der Nähe der Gruppe seien Schüsse abgefeuert worden, hieß es lediglich. Die Beobachter sollten über die Situation vor Ort berichten. Der Ständige Rat der OSZE hatte zuvor nach einer Sondersitzung den uneingeschränkten Zugang internationaler Vertreter zum Absturzgebiet gefordert. Dem Gremium aus 57 Nationen gehören auch Russland und die Ukraine an. Die Führung der Separatisten hatte den OSZE-Beobachtern zuvor freien Zugang zum Unglücksort zugesichert.
In den nächsten Tagen werden weitere Helfer in der Ukraine erwartet. So sollen Mitarbeiter der amerikanischen Bundespolizei (FBI) bei der Identifizierung der Opfer helfen. Auch das BKA bereite in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt die Entsendung der Experten vor, hieß es am Freitag in Diplomatenkreisen in Berlin.
Rakete kam aus Separatisten-Gebiet
Während sich Obama zurückhaltend über mögliche Verantwortliche äußerte, kommen aus US-Regierungskreisen konkretere Informationen: Man habe Beweise, dass prorussische Separatisten für den Abschuss der Passagiermaschine verantwortlich, zitiert die Washington Post einen Offiziellen. Die Rakete soll mithilfe eines Vorgängers des Raketenabwehrsystems Buk abgeschossen worden sein, das wiederum von Russland entwickelt wurde. Gleichzeitig fügte der US-Beamte hinzu, dass die Ermittlungen noch andauerten. Ähnlich äußerte sich ein Regierungsvertreter gegenüber dem Nachrichtensender CNN.
In der Ukraine ist die Regierung derweil fest von der Schuld der prorussischen Separatisten überzeugt. Der ukrainische Geheimdienst veröffentliche vier abgehörte Mitschnitte angeblicher Telefonate, die die dies belegen sollen.
Die Rolle Russlands
Während einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates äußerte sich die amerikanische Botschaftern kritisch zur Rolle Russlands: "Wir können nicht ausschließen, dass russisches Personal beim Betrieb dieser Systeme geholfen hat", sagte Samantha Power. Es sei nicht bekannt, dass Boden-Luft-Raketen der ukrainischen Armee in diesem Gebiet stationiert seien. Russland wies die Vorwürfe zurück. Die Regierung der Ukraine in Kiew hätte den Luftraum schon früher schließen müssen und sei insgesamt schuld an der Eskalation des Konflikts, sagte der russische UN-Botschafter Vitali Tschurkin. "Wir verweisen alle Schuld an die Regierung in Kiew."
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte nach dem Absturz der Passagiermaschine in der Ostukraine von einer "Tragödie" gesprochen und eine Waffenruhe zwischen der ukrainischen Armee und den Separatisten gefordert.
Abschuss des Fluges MH17:Wer Flugzeuge in dieser Höhe treffen kann
Prorussische Kämpfer haben bereits vor MH17 Hubschrauber und ein Transportflugzeug mit Raketen abgeschossen. Doch sind sie auch in der Lage, ein komplexes Raketensystem zu bedienen? Und eine Boeing 777 in zehn Kilometer Höhe zu treffen?
Separatisten bestreiten Verantwortung für möglichen Abschuss
Die prorussischen Kräfte geben an, sie besäßen keine Waffensysteme, um Maschinen in dieser Höhe abzuschießen. Der selbst ernannte Premierminister der nicht anerkannten "Volksrepublik Donezk", Alexander Borodaj, erklärte, es handele sich um eine "Provokation" der Ukraine. Die Separatisten berufen sich ihrerseits auf angebliche Augenzeugenberichte, denen zufolge ein Kampfjet der ukrainischen Luftwaffe die Boeing 777 angegriffen habe. Diese sei anschließend in zwei Teile zerbrochen und der Kampfjet abgeschossen worden, erklärte die selbsternannte Regierung der "Volksrepublik Lugansk".
Allerdings wurde offenbar im Twitterkanal der "Volksrepublik Donezk", der den Separatisten zugeordnet wird, ein Eintrag veröffentlicht und später wieder gelöscht, demzufolge die Rebellen ein Buk-Raketensystem zur Flugzeugabwehr von der ukrainischen Armee erbeutet hatten.
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Der ukrainische Generalstaatsanwalt Witali Jarema widerspricht der Darstellung, die Rebellen hätten ein funktionsfähiges Raketenabwehrsystem von der ukrainischen Armee erbeutet. Nach offiziellen Angaben aus Kiew hatten die Separatisten zwar im Juni eine Buk-Anlage erobert; diese sei allerdings nicht funktionsfähig gewesen. Die ukrainiehche Regierung vermutet, dass Russland ein Buk-System mit Raketen und Bedienpersonal in die umkämpfte Ostukraine brachte.
Linktipps:
- Die Ereignisse vom Vortag und in der Nacht
- Die Ukraine, die prorussischen Separatisten und Russland beschuldigen sich gegenseitig für den Abschuss von MH17 verantwortlich zu sein: Süddeutsche.de-Autorin Hannah Beitzer gibt einen Überblick.
- SZ-Außenpolitik-Chef Stefan Kornelius analysiert in diesem Kommentar, was der Absturz von MH17 auf politischer Ebene im Ukraine-Konflikt bedeutet.