Süddeutsche Zeitung

Malaise des SPD-K-Kandidaten:Steinbrück im Verschiss

Nebenverdienstmillionär mit zu großer Klappe - so denken viele über Peer Steinbrück. Allerhöchste Zeit, dass der SPD-Kanzlerkandidat und seine Partei der fatalen Wahrnehmung viel vehementer entgegentreten. Denn wenn er weiter gegen sich selbst und gegen Merkel kämpfen muss, wird er beide Konflikte verlieren.

Ein Kommentar von Kurt Kister

Man muss als unbeliebter Politiker nicht unbedingt erfolglos beim Wähler sein, kann aber andererseits als populärer Politiker mit seiner Partei auch ohne Weiteres in den Umfragen leise wegdümpeln. In Bayern ist gegenwärtig beides zu beobachten. Horst Seehofer steht zwar als Person weder bei den Menschen noch in seiner Partei in hohem Ansehen, und trotzdem will offenbar nahezu die Hälfte der bayerischen Bevölkerung im September CSU wählen.

Beim SPD-Kandidaten Christian Ude ist es genau umgekehrt: Er ist beliebt, aber in den Umfragen sind die Grünen in Bayern der SPD auf den Fersen - wohingegen die CSU im Vergleich zu den Sozialdemokraten prozentmäßig in einer anderen Liga spielt. Die Schwarzen sind zwischen Main und Zugspitze mehr als doppelt so stark wie die Blassroten.

Peer Steinbrück dagegen genießt zur Zeit den zweifelhaften Erfolg, dass seine persönliche Unbeliebtheit im Einklang steht mit der abfallenden Zustimmung zur Bundes-SPD. Und es deutet viel darauf hin, dass das eine die Ursache des anderen ist. Die SPD also steht gerade schlecht da, weil Steinbrück von vielen Wählern eben nicht als jener selbstbewusste Politiker der Mitte mit durchaus sozialdemokratischen Wurzeln wahrgenommen wird, der er ist, sondern als ein Nebenverdienstmillionär mit einer zu großen Klappe.

Manche Sozialdemokraten sehen eine "Medienkampagne"

Steinbrück und die SPD müssen jetzt endlich und viel entschiedener gegen diese politisch fatale Wahrnehmung ankämpfen. Noch hat nicht einmal das Duell gegen den eigentlichen Gegner, die CDU mit ihrer uncharismatischen, sich als die Unentbehrliche präsentierenden Vorsitzenden, begonnen. Sollte Steinbrück aber von Frühling an immer noch gegen sich selbst und im gleichen Moment dann auch noch gegen Angela Merkel streiten müssen, wird er beide Konflikte verlieren. Es ist allerhöchste Zeit, dass er das erste Gefecht, das um seine Reputation und Kanzlereignung, gewinnt.

Manche Sozialdemokraten neigen dazu, Misshelligkeiten à la Steinbrück als Folge einer "Medienkampagne" zu beschreiben. Nun ja. Wer Steinbrücks Einbruch so erklärt, der möge sich mit den vielen Blogs, Kommentaren und Tweets im Netz über Steinbrück beschäftigen. Das sind keine bösen Journalisten oder manipulierte Medienopfer, sondern viele normale Menschen mit einer enormen Bereitschaft zu originären bis ordinären Meinungsäußerungen über den Kandidaten. (Ähnliches lässt sich auch über den tendenziellen Antipathen Seehofer finden.) Steinbrück jedenfalls ist, um in seiner Sprache zu reden, in den Verschiss geraten. Man weiß das auch im Willy-Brandt-Haus, und wenn kein Mikrofon dabei ist, sagt es mancher bereits.

Nun kämen die Sozialdemokraten mit Gabriel oder Hannelore Kraft auch nicht weiter. Ein Wechsel des Zugpferdes im Anstieg zur Wahl würde zudem den Karren endgültig von der Straße werfen. "Nicht klagen, kämpfen", heißt ein Spruch der Fallschirmjäger. Anlass dazu gibt die schwarz-gelbe Regierung in ihrer trägen Agonie wahrlich genug.

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SZ vom 12.01.2013/olkl
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