Magdeburg:Verträge am Parlament vorbei

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD) tritt nach einer Finanzaffäre zurück.

Nach einer Affäre um Beraterverträge, die am Landtag vorbei abgeschlossen worden sein sollen, hat Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD) seinen Rücktritt erklärt. Er habe Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) davon unterrichtet, dass er sein Ministeramt zur Verfügung stelle, teilte Felgner am Sonntagnachmittag in Magdeburg mit. Wann der Rücktritt wirksam wird, werde noch geklärt, sagte Regierungssprecher Matthias Schuppe.

Felgner zieht mit seinem Rücktritt die Konsequenz aus der Debatte um teils millionenschwere Beraterverträge, die nicht wie vorgeschrieben dem Parlament vorgelegt worden sein sollen. Felgner soll diese noch als Staatssekretär unter Ex-Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) abgesegnet haben. Vor Kurzem nahm dazu ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss die Arbeit auf. Und auch die Justiz prüft: Die AfD hat Felgner wegen des Verdachts der Untreue angezeigt. Inwieweit die Staatsanwaltschaft aktiv wird, ist noch nicht klar. Die letzte Phase von Felgners Amtszeit läutete SPD-Landeschef Burkhard Lischka am Freitag ein: Er forderte seinen Parteifreund zum Rücktritt auf. Felgner bat sich Bedenkzeit bis Montag aus - er selbst verkürzte sie nun mit seiner schriftlichen Erklärung. Schon am Wochenende hatte der 44-Jährige keine öffentlichen Termine mehr wahrgenommen. Die schwarz-rot-grüne Koalition verliert ihren ersten Minister - aber ihren zweiten Mann auf einem Spitzenposten.

Es geht um ein Trio aus Ministerium, Investitionsbank und einem Institut

Fast ein Déjà-vu: Der CDU-Abgeordnete Hardy Peter Güssau hatte nach nur wenigen Monaten im Amt Mitte August seinen Posten als Landtagspräsident geräumt. Das Vertrauen in ihn war zu brüchig. Der Druck wuchs, weil Güssau seine Rolle bei der versuchten Vertuschung einer Briefwahl-Affäre in seiner Heimat Stendal zugunsten eines CDU-Kandidaten nicht zufriedenstellend aufklären konnte.

Bei Jörg Felgner geht es um Beraterverträge mit Millionenvolumen. Im Mittelpunkt steht ein sogenannter Geschäftsbesorgungsvertrag, ein Geschäft zwischen dem Ressort von Ex-Finanzminister Bullerjahn, der landeseigenen Investitionsbank und dem Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung (isw) in Halle. Die Chefs aller drei Häuser sind gut befreundet. Der Verdacht steht im Raum, dass das Dreiecksgeschäft so eingefädelt wurde, dass das Institut trotz Ausschreibung von vornherein als Auftragsempfänger feststand. Unterschrieben wurde der Vertrag von Jörg Felgner - obwohl das Geschäft nicht regelkonform dem Finanzausschuss vorgelegt wurde. Und obwohl der Haushalt vom Parlament noch gar nicht beschlossen war.

Als die Vorwürfe im Sommer das erste Mal hochkochten, zeigte Felgner zunächst keine Einsicht. Später räumte er Fehler ein, beteuerte, ein solches Vorgehen als verantwortlicher Minister nicht zu wiederholen. Bis der nächste Vertrag aus seiner Zeit als Staatssekretär kam: 80 000 Euro für Immobilienberatungen mit dem gleichen Trio aus Ministerium, Investitionsbank und Institut als Vertragspartner. Hier geht es um den Verdacht der Untreue.

"Mit diesem Schritt möchte ich Schaden von meiner Partei und dem Amt abwenden", schreibt Felgner am Sonntag in einer Erklärung.

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