Madagaskar:Zahlreiche Tote bei Unruhen

Bei gewaltsamen Demonstrationen gegen die Regierung von Madagaskar sind bislang 60 Menschen ums Leben gekommen. Das Militär verhängte eine Ausgangssperre.

Nach den gewalttätigen Protesten auf Madagaskar hat das Militär am Dienstag eine Ausgangssperre für die gesamte Tropeninsel vor Afrikas Ostküste verhängt. Sie war zunächst nur für die Hauptstadt erklärt, am Abend aber ausgedehnt worden, berichtete der Rundfunk.

Madagaskar: Krawalle gegen die Regierung: In der Haupstadt Antananarivo versammelt sich die wütende Bevölkerung.

Krawalle gegen die Regierung: In der Haupstadt Antananarivo versammelt sich die wütende Bevölkerung.

(Foto: Foto: dpa)

Zwischen 21.00 und 04.00 Uhr dürfe sich niemand mehr auf der Straße zeigen. Zuvor hatte ein Polizeioffizier gewarnt, dass ab sofort scharf geschossen werde. Unterdessen stieg die Zahl der Todesopfer der gewalttätigen Unruhen auf mindestens 60.

Am Dienstagnachmittag wurden in der Hauptstadt Antananarivo fünf Plünderer erschossen. Der Rundfunk meldete auch aus der im Südwesten der Insel gelegenen Hafenstadt Tulear Unruhen mit mindestens 20 Toten. Sie seien beim Versuch erschossen worden, indische Geschäfte auszurauben. 20 Plünderer seien in einem brennenden Einkaufszentrum ums Leben gekommen, ein weiterer wurde nach Rundfunkberichten tot unter einem Reisberg gefunden.

Am Vortag waren nach Rundfunkberichten drei Demonstranten erschossen und elf weitere zu Tode getrampelt worden. Die Plünderungen richteten sich zunächst gegen Geschäfte aus dem Firmenimperium von Präsident Marc Ravalomanana (59). Sie hatten sich offenbar auch auf dem Lande fortgesetzt, wo es aus vier Großstädten Berichte über Plünderungen und Brandschatzungen gab. Vor dem Zentralgefängnis der Hauptstadt vertrieben Soldaten mit Warnschüssen aus automatischen Gewehren Gruppen von Demonstranten.

Der Unmut hatte sich zunächst an der Verfolgung politischer Gegner und an Hetzkampagnen in Ravalomananas Tageszeitungen und seiner TV-Station MBS entzündet. Seine Gegner hatten ihm vor allem die Anschaffung eines neuen Dienst-Flugzeugs für 60 Millionen US-Dollar (45 Millionen Euro) als Verschwendung vorgehalten, aber auch schwere Eingriffe gegen die Pressefreiheit kritisiert. Selbst der Bau riesiger Silos im wichtigsten Reis-Anbaugebiet geriet in die Kritik, zumal der Präsident nach Ansicht seiner Gegner die Einkaufspreise diktiert.

Geplatztes Gespräch

Präsident Ravalomanana rief im Rundfunk zur Ruhe auf. Augenzeugen berichteten, er sei am Nachmittag per Helikopter in den Westteil der Insel geflogen. Ein für Dienstag angesetztes Gespräch zwischen dem Staatschef und dem Bürgermeister von Antananarivo, Andry Rajoelina, kam nicht zustande. Der 34-jährige Rajoelina, der Ravalomanana einen diktatorischen Führungsstil vorwirft, hatte es ohne Angabe von Gründen abgesagt. Am Abend kündigte er auf einer Pressekonferenz gemeinsame Patrouillen von Militär und Bürgerwehr in der Stadt an.

Bei den Krawallen am Vortag waren TV- und Radiosender und Einkaufszentren zerstört oder beschädigt und Geschäfte geplündert worden. Die Tageszeitung L'Express titelte am Dienstag mit Hinweis auf den Kurznamen der Hauptstadt "Tana in Flammen". Sieben Einkaufszentren - davon drei im Besitz von Ravalomanana - wurden nach Medienberichten komplett geplündert, etliche Firmenfahrzeuge in Brand gesteckt.

Opfer des Volkszornes wurde auch Präsidentensprecher Moxe Ramandimbilahatra, dessen Haus in Brand gesteckt wurde und bis auf die Grundmauern abbrannte.

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