Atomabkommen:Wie Macron Iran und die USA an einen Tisch bekommen will

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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (Foto: REUTERS)
  • Frankreichs Präsident spricht schon seit Wochen mit Iran, Russland, den anderen Europäern und China über Angebote, mit denen er das Atomabkommen retten will.
  • Zum einen versucht Macron Trump davon zu überzeugen, vorübergehend wieder Ausnahmegenehmigungen für Ölverkäufe zu erteilen.
  • Zum anderen will er prüfen, wie die finanziellen Transaktionen für solche Ölverkäufe abgewickelt werden könnten.

Von Paul-Anton Krüger, Teheran

Noch vor ein paar Wochen hatte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einen kräftigen Rüffel von Donald Trump abgeholt. Mit Blick auf die seit einigen Monaten laufenden Vermittlungsbemühungen des Franzosen im Atomstreit mit Iran hatte der US-Präsident getwittert: "Ich weiß, dass Emmanuel es gut meint, wie alle anderen, aber niemand spricht für die Vereinigten Staaten außer den Vereinigten Staaten selbst." In Biarritz nun hörte sich das alles schon versöhnlicher an. Die entscheidende Frage in den kommenden Wochen wird nun sein, ob Macrons diplomatische Initiative trägt und die Eskalationsspirale im Persischen Golf und in der gesamten Region aufzuhalten vermag.

Bis zu einem möglichen Gipfeltreffen zwischen Trump und Irans Präsidenten Hassan Rohani, das 40 Jahre nach der Islamischen Revolution ungeheuren Symbolwert hätte, ist es noch ein weiter Weg - das machten die Reaktionen am Dienstag in Teheran deutlich. Macron spricht aber schon seit Wochen mit Iran, Russland, den anderen Europäern und China über konkrete Angebote, mit denen er das Atomabkommen retten will. Trump war im Mai 2018 aus dem Deal ausgestiegen. Ein Jahr später hatte er im Zuge seiner "Kampagne des maximalen Drucks" die letzten Ausnahmegenehmigungen von den Ölsanktionen kassiert und damit die Krise angeheizt.

An diesem Punkt setzt Macron an, denn die Ölexporte sind für Iran die wichtigste Einnahme- und Devisenquelle. Diplomaten, die in die Gespräche involviert sind, sagen, dass ihnen die iranischen Unterhändler signalisiert hätten, sie könnten vorerst damit leben, wenn Ausfuhren von 700 000 Barrel pro Tag sichergestellt werden. Das ist zwar nur knapp ein Drittel dessen, was die Islamische Republik vor einem Jahr verkaufen konnte, aber deutlich mehr als derzeit. Zuverlässige Zahlen gibt es nicht, die Schätzungen reichen von 100 000 bis 400 000 Barrel. Später will Iran dann wieder 1,5 Millionen Barrel verkaufen.

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Macron verfolgt dabei zwei parallele Stränge. Zum einen versucht er seit Monaten, wie auch Kanzlerin Angela Merkel schon, Trump davon zu überzeugen, vorübergehend wieder Ausnahmegenehmigungen für Ölverkäufe zu erteilen. Diese sogenannten "Waiver " können Regierungen von Drittstaaten beantragen, die Öl von Iran kaufen wollen; sie galten jeweils für sechs Monate, bevor Trump sie auslaufen ließ. Sie stellen Unternehmen von Strafen in den USA frei, die sie andernfalls zu befürchten hätten; eine chinesische Firma wurde bereits zum Ziel von Sanktionen.

Rohani sieht sich starkem Widerstand gegenüber

Zum anderen will Macron prüfen, wie die finanziellen Transaktionen für solche Ölverkäufe abgewickelt werden könnten. Die US-Sanktionen verbieten Iran die Nutzung von Dollar, die übliche Währung am Ölmarkt, und schneidet Iran de facto den Zugang zum internationalen Finanzsystem ab. Hier erwägt Macron, die von Frankreich, Großbritannien und Deutschland gegründete Zweckgesellschaft Instex zu nutzen und sie mit Kreditlinien in Milliardenhöhe auszustatten, die es erlauben würden, Ölgeschäfte abzuwickeln. Dafür hatte sich Trump in Biarritz offen gezeigt. Europäische Diplomaten dagegen sagten noch vor Kurzem, es sei schwer vorstellbar, aus dem Steuergeld der beteiligten Staaten letztlich den iranischen Staatshaushalt vorzufinanzieren, ohne jegliche Kontrolle, wofür das Geld verwendet wird.

Iran soll nach Macrons Plan im Gegenzug das Atomabkommen wieder vollständig einhalten. Mit diesem Paket will er die Eskalation stoppen und die Atmosphäre und Zeit für direkte Gespräche zwischen Iran und den USA schaffen. Trump hatte einer Vermittlungsmission des japanischen Premiers Shinzo Abe zugestimmt, nicht zuletzt weil er das Ziel der Europäer, das Atomabkommen zu erhalten, nicht teilt. Abe war in Teheran zwar freundlich empfangen geworden, hatte sich aber für sein Ansinnen eine Abfuhr abgeholt. Offen ist, wie es nun Macron ergehen wird.

Rohani sieht sich starkem Widerstand aus dem Lager der Konservativen gegen neue Gespräche mit den USA gegenüber, vor allem wenn diese das Raketenprogramm oder die Regionalpolitik umfassen sollen. Anders als während der Verhandlungen mit den USA und anderen Weltmächten, die 2015 zum Atomabkommen führten, ist sein Rückhalt in der Bevölkerung stark geschwunden. Viele Iraner machen nicht allein die US-Sanktionen für die Wirtschaftskrise verantwortlich, sondern Missmanagement der stark vom Staat abhängigen Wirtschaft und Korruption.

Im Februar kommenden Jahres stehen Parlamentswahlen an, die politische Auseinandersetzung innerhalb des vom Regime zugelassenen politischen Spektrums wird schärfer. Die Ultrakonservativen hoffen auf Gewinne, wenn enttäuschte Anhänger der Reformisten nicht zur Wahl gehen, weil Rohani, ein gemäßigter Konservativer, ihre Hoffnungen nicht erfüllt hat. Ein neuer Deal mit den USA dagegen würde Rohani und seinen Unterstützern zweifellos helfen.

© SZ vom 28.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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