Französischer Präsident in Berlin:Macron und Merkel - gemeinsam gegen die Populisten

  • Emmanuel Macron war für seinen Antrittsbesuch in Berlin.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte den neuen französischen Präsidenten äußerst herzlich.
  • Beide betonten den historischen Punkt, an dem Europa gerade stehe.

Von Stefan Braun, Berlin

Mit den Heilsbringern hat es Angela Merkel nicht so. Immer wenn ihr einer als Besonderer gepriesen wird, hält die Kanzlerin besonderen Abstand. Das war bei Barack Obama so und ist bei kleineren Staatsoberhäuptern nicht anders. Umso bemerkenswerter ist dieser Montag im Mai.

Da kommt mal wieder so ein Himmelsstürmer, dieses Mal aus Frankreich, und die ewig skeptische Merkel lacht und strahlt. Kaum ist Emmanuel Macron seiner Staatskarosse entstiegen, schnappt sie sich ihn, nimmt seine Hand, greift an seine Schulter und lächelt in alle Richtungen. Man ist ja einiges gewöhnt nach zwölf Jahren. Aber mit derart offenen Armen hat Merkel selten einen Gast empfangen. Trump, Putin, Brexit - irgendwie hat das halt doch an den Nerven gezehrt, auch an denen von Merkel.

Froh sei er und glücklich, sagt Macron. Aber er klingt auch etwas schulterschwer ob der Aufgaben

Dem freilich will sie, will er, wollen M und M, wie sie womöglich bald heißen werden, gemeinsam etwas entgegensetzen. Optimismus, positives Denken - so froh, zufrieden, gut gelaunt, wie die beiden bei der Pressekonferenz auftreten, fragt man sich, in welchen Zaubertranktopf sie gerade gefallen sein könnten. "Von Herzen beglückwünschen" wolle sie ihren Gast, erklärt Merkel. Und fügt hinzu, dass sie ihm "eine glückliche Hand" wünsche für die Parlamentswahlen im Juni. In manchen Ohren könnte das fast ein bisschen merkwürdig klingen. Bei Merkel ist es nur die Umschreibung für ein: viel Glück bei den Wahlen. Sie weiß, wie wichtig er geworden ist und wie wichtig damit auch die Frage, wie sie ihn unterstützen könnte. "Deutschland wird es auf Dauer nur gut gehen, wenn es Europa gut geht", so die Kanzlerin. "Und Europa wird es nur gut gehen mit einem starken Frankreich." Worte, die wie ein einziges großes Versprechen wirken.

Macron klingt ein klein wenig anders. Nicht etwa nicht zugewandt, aber schon schulterschwer ob der vielen Aufgaben, die nun anstehen. Ja, er sei "froh und glücklich", Frankreich zu vertreten. Aber: Er habe auch die Wut der Enttäuschten nicht vergessen. Das habe allen in Gedächtnis gerufen, wie wichtig es sei, jetzt gute Ergebnisse zu liefern. Gemeint sind Arbeitsplätze; sind Zeichen, dass die EU pragmatischer, weniger bürokratisch, sinnvoller werde. Aber am allerwichtigsten, so sagt es Macron auch an diesem Abend, sind die Reformen, die in Frankreich selbst anstehen. "Nicht weil die EU das fordert, sondern weil Frankreich das braucht", betont der neue Präsident.

Antrittsbesuch des französischen Präsidenten Macron

"Wir sind an einem historischen Moment für Europa", betont Macron in Berlin.

(Foto: Guido Bergmann/dpa)

Bildung, Verteidigung, schnelle Investitionen in die Infrastruktur - all das haben beide Seiten längst angedacht und wollen es alsbald vertiefen. Aber schon bei dieser ersten Begegnung zwischen Kanzlerin und Präsident gehen die Ziele deutlich weiter. Plötzlich sprechen beide auch von neuen EU-Verträgen. Macron redet gar von einer "historischen Neugründung". Und Merkel erzählt, wie merkwürdig sie es immer schon fand, dass viele in der EU Vertragsänderungen ablehnen würden. Mit so einer Haltung mache sich die EU angreifbar, die Welt ändere sich, darauf müsse auch die EU Antworten haben. "Wenn wir sagen können, warum, wozu, dann wird Deutschland dazu bereit sein", verspricht Merkel.

Spätestens in diesem Moment wird klar, dass es hier um mehr geht als um zwei eng befreundete Staaten. Es geht um den Kampf gegen die Populisten; um eine Abwehr der Trumps, Putins und Brexit-Freunde. "Wir sind an einem historischen Moment für Europa", betont der Franzose. Und seine deutsche Gastgeberin ergänzt, noch sei nicht alles entschieden und einiges noch zu lösen. Gleichwohl sehe sie einen "guten Startpunkt, der uns beflügelt". Es ist ein kurzer erster Besuch, und doch einer fürs Geschichtsbuch.

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