Macron besucht Trump:Außenpolitik nach Sympathiewerten

Macron besucht Trump: Überaus geschmeichelt: Emmanuel Macron hatte Donald Trump in Paris betont herzlich empfangen. Dafür will sich der US-Präsident nun revanchieren

Überaus geschmeichelt: Emmanuel Macron hatte Donald Trump in Paris betont herzlich empfangen. Dafür will sich der US-Präsident nun revanchieren

(Foto: Bertrand Guay/AFP)

Der französische Präsident Macron und Kanzlerin Merkel kommen diese Woche beide nach Washington, doch die Begrüßung durch US-Präsident Trump könnte unterschiedlicher kaum ausfallen.

Von Hubert Wetzel, Washington

Es ist die Woche der Europäer in Washington. Binnen fünf Tagen empfängt der amerikanische Präsident gleich zwei seiner Kollegen von der anderen Seite des Atlantiks - und dazu noch die beiden wichtigsten: Emmanuel Macron und Angela Merkel. Der französische Präsident ist bereits am Montag in Washington eingetroffen und bleibt bis Mittwochabend in den USA. Kaum ist er abgeflogen, landet die Bundeskanzlerin in Washington. Sie hat am Freitag einen Termin bei Trump.

Schon die unterschiedliche Länge der beiden Besuche zeigt, welcher Gast Trump angenehmer ist. Ein Blick auf die Programmpunkte, die Macron und Merkel absolvieren, erzählt den Rest: Der Franzose bekommt einen vollwertigen Staatsbesuch mit allem Pomp. Los ging es bereits am Montagabend mit einem Abendessen mit Trump und dessen Frau Melania in Mount Vernon, dem früheren Landgut von Amerikas erstem Präsidenten George Washington. An diesem Dienstag veranstaltet Trump für Macron ein Staatsbankett im Weißen Haus - das erste seiner Amtszeit. Und am Mittwoch darf Macron eine Rede vor den beiden Kammern des Kongresses halten. Mehr Ehre geht kaum.

Angela Merkel trifft Trump am Freitag zu einem Gespräch im Weißen Haus. Danach findet eine Pressekonferenz statt.

Es gibt in Washington zwei Erklärungen für diese Ungleichbehandlung zweier wichtiger Verbündeter. Die eine hat mit Persönlichem zu tun. Für Donald Trump, so sagen Leute, die ihn kennen und ihn im Umgang mit ausländischen Kollegen beobachtet haben, sei Außenpolitik im Großen und Ganzen eine Frage der persönlichen Chemie. Er sei davon überzeugt, dass zwei Länder gedeihliche Beziehungen miteinander haben können, wenn die politischen Anführer dieser beiden Länder gut miteinander auskommen.

Das ist zum Beispiel ein Grund für die fast gespaltene amerikanische Politik gegenüber Moskau: Obwohl zwischen den USA und Russland wegen diverser Streitthemen massive Spannungen herrschen und Washington Wirtschaftssanktionen gegen Moskau verhängt hat, versucht Trump ständig, eine gute Beziehung zum russischen Kollegen Wladimir Putin aufrechtzuerhalten. Das, so denkt er, sei jenseits allen Streits der Weg für eine erfolgreiche Zusammenarbeit - unter Männern, und damit unter Ländern.

Macron hat früh Trumps grenzenlose Eitelkeit erkannt

Diese Art der persönlichen Außenpolitik, die eher auf einer gefühlten Zu- oder Abneigung fußt als auf einer strategischen Analyse von Interessen, birgt Chancen und Risiken für andere Regierungen. Wenn er, wie im Falle Macrons, Sympathie empfindet, so profitieren davon die amerikanisch-französischen Beziehungen. Wenn er dagegen, wie im Falle Merkels, eher ein Unbehagen verspürt, hat das Folgen für das amerikanisch-deutsche Verhältnis.

Macron hat früh erkannt, dass Trump so funktioniert. Und ihm ist eine zweite prägende Charaktereigenschaft des US-Präsidenten aufgefallen: dessen grenzenlose Eitelkeit. Als Anfang 2017 noch alle europäischen Regierungen erschrocken überlegten, wie sie mit dem Neuen in Washington umgehen sollten, tätigte der einstige Banker Macron eine clevere Investition. Er lud Trump nach Paris ein, um sich die traditionelle Militärparade am 14. Juli anzusehen - eine wohlkalkulierte Schmeichelei. Trump war so beeindruckt, dass er nun im November eine ähnliche Parade in Washington veranstalten will.

Seither hat Macron immer wieder lobende Worte über Trump und dessen erfolgreiche Außenseiterkarriere in der Politik fallen lassen, selbst wenn er bestimmte Entscheidungen des Präsidenten kritisierte. Diese Beziehungspflege trug Früchte. Trump fühlt sich von Macron angemessen ernst genommen und umworben.

Mit Merkel ist die Beziehung hingegen weniger locker. Das mag am eher nüchternen Wesen der Kanzlerin liegen oder daran, dass sie mit Trumps Vorgänger Barack Obama gut befreundet war. Es sei nicht so, dass Trump Merkel nicht möge, heißt es in Washington. Aber er habe einfach keinen guten Draht zu ihr. Da sei immer eine gewisse Distanz zu spüren.

Trump findet, Deutschland zieht die USA wirtschaftlich über den Tisch

Jenseits des Persönlichen gibt es sachliche Gründe, warum Deutschland und Frankreich aus Trumps Sicht unterschiedliches Wohlwollen verdienen. Trump frage vor Treffen mit ausländischen Kollegen sein Team immer nach zwei Dingen, sagen Mitarbeiter des Weißen Hauses: Wie ist die Handelsbilanz mit dem Land, aus dem der Gast stammt? Und welchen Beitrag leisten die USA zur Verteidigung dieses Landes? Im Kern will Trump also wissen, was sein Gegenüber Amerika schuldet.

Und da fällt die Bilanz für Berlin schlechter aus als für Paris. Deutschlands Handelsüberschuss mit den USA ärgert Trump sehr, vor allem der Absatz deutscher Autos in Amerika. Dass die zum Teil in den USA gebaut werden, ändert nichts daran, dass Trump findet, Deutschland ziehe die Vereinigten Staaten wirtschaftlich über den Tisch. Zudem nervt ihn der relativ niedrige deutsche Verteidigungshaushalt, der weit von dem in der Nato vereinbarten Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts entfernt ist. So wie Trump die Sache sieht, lässt sich Deutschland seine militärische Sicherheit von Amerika bezahlen und macht dann auch noch den US-Autokonzernen im eigenen Land Konkurrenz.

Kein Wunder also, dass die Kanzlerin weniger warm empfangen wird als Frankreichs Präsident. Der ließ nicht nur vor einigen Tagen an der Seite der USA Syrien bombardieren, sondern ist auch so nett, keine Peugeots in den USA zu verkaufen.

Welche politischen Folgen all das hat, ob ein gutes persönliches Verhältnis zu Trump sich tatsächlich in Einfluss auf dessen Entscheidungen umwandeln lässt, ist freilich offen. Immerhin hat Macrons Werben für den Pariser Klimavertrag Trump nicht vom Ausstieg abgehalten. Und vielleicht lohnt sich aus europäischer Sicht ein Wettstreit zwischen Macron und Merkel um Trumps Gunst auch gar nicht. Deutschlands und Frankreichs Interessen im Umgang mit den USA sind ohnehin fast deckungsgleich. Derzeit geht es beiden Länder vorrangig darum, Trump davon abzuhalten, das Atomabkommen mit Iran zu kündigen. Ob dabei nun Macron mehr Einfluss auf Trump hat als Merkel, ist in der Sache egal.

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