Süddeutsche Zeitung

Machtkampf:Militär übernimmt Kontrolle in Burkina Faso

  • Das Militär in Burkina Faso setzt die Regierung unter Präsident Blaise Compaoré ab und löst das Parlament auf.
  • Staatschef Compaoré weigert sich zurückzutreten, er sei aber offen für Verhandlungen.
  • Demonstranten hatten zuvor das Parlament in Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos, gestürmt.
  • Dort sollte eine Abstimmung über eine Verfassungsänderung stattfinden, die Compaoré eine weitere Amtszeit ermöglicht hätte.

Militär übernimmt Macht

Nach den gewaltsamen Protesten in Burkina Faso hat die Armee die Macht in dem westafrikanischen Land übernommen. Die Regierung sei abgesetzt und das Parlament aufgelöst worden, teilte das Militär bei einer Pressekonferenz am Donnerstagabend in Ouagadougou mit.

Es werde nun ein Übergangsgremium eingesetzt, das in den kommenden zwölf Monaten die verfassungsmäßige Ordnung wieder herstellen solle.

Einen Rücktritt lehnte Staatschef Compaoré ab, zeigte sich aber offen für den Dialog mit seinen Gegnern. Er habe die "Botschaft verstanden", sagte er nach den gewalttätigen Protesten in seinem Land am Donnerstagabend im Staatsfernsehen. Er stehe für "Verhandlungen" über eine "Übergangsperiode" bereit, an deren Ende die Macht auf einen demokratisch gewählten Präsidenten übergehen solle.

Der Amtsverzicht des Präsidenten sei aber "nicht verhandelbar", erklärte die Opposition und bezeichnete die Machtübernahme durch das Militär als einen "Staatsstreich".

Brennende Autos, verwüstete Büros

Hunderte Demonstranten hatten zuvor aus Protest gegen eine mögliche weitere Amtszeit von Präsident Blaise Compaoré das Parlament gestürmt und Feuer gelegt. Vor einer Abstimmung über eine entsprechende Verfassungsänderung drangen sie in das Gebäude der Nationalversammlung in der Hauptstadt Ouagadougou ein, verwüsteten Büros, setzten Akten und Autos im Innenhof in Brand und schleppten Computer fort. Der Parlamentssitz war von schwarzem Rauch umhüllt, ein Helikopter überflog das Gebäude. Die Abstimmung wurde abgesagt.

Sicherheitskräfte hatten zunächst versucht, die Demonstranten mit Tränengas und Schüssen in die Luft zurückzudrängen, dann traten sie selbst den Rückzug an. Die aufgebrachten Demonstranten - überwiegend junge Leute - schrien: "Befreit Kosyam". Kosyam ist der Name des Präsidentensitzes. Protestierende stürmten zudem das Gebäude des staatlichen Fernsehens und verwüsteten es.

Bei den Ausschreitungen wurden mindestens drei Menschen erschossen und viele weitere verletzt. Nach Angaben der Opposition sind etwa 30 Menschen getötet worden. Mehr als hundert Personen hätten Verletzungen erlitten, wie Oppositionsführer Bénéwendé Sankara sagte.

An die Macht geputscht, dann 27 Jahre im Amt

Die Abgeordneten sollten am Donnerstag über eine Verfassungsänderung abstimmen, die Präsident Blaise Compaoré ermöglichen würde, im kommenden Jahr für eine weitere Amtszeit anzutreten. Er ist bereits seit 27 Jahren im Amt und ließ währenddessen schon einmal die Verfassung zu seinen Gunsten ändern. Momentan kann das Staatsoberhaupt des zu den ärmsten Ländern Afrikas zählenden Landes jedoch nur einmal wiedergewählt werden.

"Wir haben das gemacht, weil Blaise versucht, zu lange zu bleiben. Wir sind seiner überdrüssig. Er muss weg", sagte einer der Demonstranten. Schon am Dienstag waren Zehntausende durch das Zentrum von Ouagadougou gezogen, um ihrem Unmut gegenüber dem Präsidenten Ausdruck zu verleihen. Manche bezeichneten ihn dabei sogar als "Ebola von Burkina Faso".

Blaise Compaoré hatte sich 1987 an die Macht geputscht, in dem er seinen Vorgänger und früheren Verbündeten, den beliebten Thomas Sankara, und mindestens hundert weitere Menschen umbringen ließ.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2199965
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/Reuters/AFP/sks/ratz/mane/fie
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.