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Machtkampf in der Ukraine:Erste Einigung zwischen Regierung und Opposition

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Abschaffung der umstrittenen Gesetze zur Versammlungsfreiheit und Amnestie für festgenommene Demonstranten: Präsident Janukowitsch und Vertreter der Opposition haben sich auf mehrere Punkte geeinigt, mit dem der Konflikt zwischen Regierung und Demonstranten entschärft werden soll.

Der Machtkampf in der Ukraine hat das ganze Land im Griff. Nun haben die Krisengespräche zwischen Regierung und Opposition erste Ergebnisse gebracht. In der EU wächst jedoch die Sorge - die Außenbeauftragte Catherine Ashton wird Dienstagabend nach Kiew reisen. Am Dienstag kommt außerdem das ukrainische Parlament zu einer mit Spannung erwarteten Sondersitzung zusammen.

  • Einigung zwischen Regierung und Opposition: Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch und die Opposition haben nach Angaben der Regierung bei ihren Krisengesprächen in mehreren Punkten Einigkeit erzielt. Beide Seiten hätten sich unter anderem darauf verständigt, die neuen umstrittenen Einschränkungen der Versammlungsfreiheit wieder abzuschaffen, heißt es in einer am Abend in Kiew veröffentlichten Erklärung. Außerdem sei eine Amnestie für festgenommene Regierungsgegner vereinbart worden, allerdings unter der Bedingung, dass die von Aktivisten besetzten Regierungsgebäude und die Barrikaden in den Straßen geräumt würden. Nach den mehr als vierstündigen Verhandlungen teilte Justizministerin Jelena Lukasch mit, dass das Parlament auch die Verantwortung der Regierung für die Gewalt gegen Demonstranten erörtern solle. Für diesen Dienstag ist eine außerordentlichen Sitzung des Parlaments vorgesehen.
  • Die EU plant um: Wegen der schwierigen Lage in der Ukraine zieht die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton ihre Vermittlungsreise vor. Sie werde bereits am Dienstagabend nach Kiew reisen, erklärte sie am Montagabend. Ursprünglich war die Reise zwei Tage später geplant. Sie sei alarmiert über Pläne der Regierung, den Notstand auszurufen - aber auch die Opposition müsse sich von denjenigen lossagen, die Gewalt anwenden wollten.
  • Demonstranten ziehen sich zurück: Nach wiederholten Appellen auch von Klitschko beendeten Regierungsgegner ihre Besetzung des Justizministeriums. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Aktivisten der Bewegung Spilna sprawa (Gemeinsame Sache) das Gebäude im Stadtzentrum verließen. Die Behörde werde aber von außen blockiert, sagte ihr Anführer Alexander Daniljuk. Sollte das Parlament nicht den Forderungen der Opposition nachkommen, werde man das Ministerium wieder besetzen, schreibt Daniljuk auf seiner Facebookseite. Justizministerin Jelena Lukasch hatte zuvor gedroht, den Notstand auszusprechen, sollten sich die Demonstranten nicht zurückziehen.
  • Besetzungen in anderen Landesteilen: Tagsüber hieß es, neun der 27 Gebietsverwaltungen seien in der Hand der Demonstranten. In mehreren Großstädten in der Zentralukraine versuchten Demonstranten, Verwaltungsgebäude zu stürmen. Auch in den Industriezentren Dnjepropetrowsk und Saporoschje versuchten Oppositionsanhänger nach eigenen Angaben, öffentliche Gebäude unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Proteste dehnten sich auch im Westen des Landes aus. In Ternopol und Iwano-Frankowsk besetzte die Opposition Rathäuser. In Winniza trat ein Richter aus Protest gegen die "politisch motivierte Verurteilung" von Demonstranten zurück.
  • Hintergrund: Am Samstag hatten Jazenjuk, Klitschko und Tjagnibok das Angebot von Janukowitsch abgelehnt, Regierungsposten zu übernehmen. Klitschko nannte den Plan ein "vergiftetes Angebot". Lesen Sie die Analyse von Cathrin Kahlweit.
  • Hier eine Übersicht über die Proteste in den Regionen:

Linktipps:

Wo stehen die Barrikaden, wo gibt es was zu essen oder Wlan - eine interaktive Karte hilft bei der Orientierung in Kiew.

Verschiedene Autoren analysieren in dem Blog Ukraineanalysis die aktuelle Situation.

Ilia Warlamow beschreibt und fotografiert die Maidan-Bewegung - er war auf der anderen Seite der Barrikaden unterwegs. Dort wo die Polizei steht.

Über die Rolle der Nationalisten in der Maidan-Bewegung schreibt der Politikwissenschaftler Volodimir Kulik.

Ein ukrainischer Journalist hat die zehn wichtigsten Punkte zusammengetragen, die der Westen über die Situation in Kiew wissen sollte.

Einen Livestream aus Kiew gibt es hier, die englischsprachige Zeitung Kyiv Post berichtet durchgehend aktuell vor Ort.

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