Machtkampf in der Elfenbeinküste:Ein Land, zwei Präsidenten

Laurent Gbagbo hatte die Stichwahl ums Präsidentenamt verloren. Dennoch lässt sich der amtierende Präsident am Samstag erneut vereidigen. Kurz darauf schwört auch Oppositionskandidat Ouattara den Amtseid. Beobachter fürchten nun eine Eskalation der Gewalt im Land.

Die Elfenbeinküste, an der afrikanischen Westküste gelegen, gehört zu den mittelgroßen Staaten des Kontinents. Und eigentlich ist es dort seit dem Friedensvertrag 2007, der das Ende eines mehrere Jahre andauernden Bürgerkriegs markierte, eher ruhig geworden. Doch nun spielt sich in dem westafrikanischen Staat ein wahrer Polit-Krimi ab.

Ivory Coast's President Laurent Gbagbo flashes two thumbs-up during his inauguration at the presidential palace in Abidjan

Siegerpose trotz Niederlage: Bei der Stichwahl ums Präsidentenamt am vergangenen Sonntag war Laurent Gbagbo Oppositionskandidat Alassane Ouattara eigentlich unterlegen. Das hat den Präsidenten der Elfenbeinküste jedoch nicht daran gehindert, sich an diesem Samstag für eine zweite Amtszeit vereidigen zu lassen.

(Foto: Reuters)

Trotz internationaler Proteste hat sich der amtierende Präsident Laurent Gbagbo am Samstag für eine weitere fünfjährige Amtszeit vereidigen lassen. Kurze Zeit später zog Oppositionskandidat Alassane Ouattara nach und legte ebenfalls den Amtseid ab.

Streit um den rechtmäßigen Sieger

Die Vereinten Nationen, die EU, die einstige Kolonialmacht Frankreich, die USA und andere Staaten hatten betont, dass sie Ouattara als den rechtmäßig gewählten Präsidenten ansehen. Das Verfassungsgericht des Landes hatte dem Oppositionspolitiker jedoch am Freitag den Wahlsieg aberkannt und stattdessen den noch amtierenden Präsidenten Gbagbo zum Sieger der Stichwahl ums Präsidentenamt erklärt.

Zuvor hatte die Wahlkommission am Donnerstag erklärt, Ouattara habe mit 54 Prozent der Stimmen gewonnen. Doch das vorläufige Endergebnis wurde nicht über das Staatsfernsehen verkündet, stattdessen wurden noch am selben Tag die Grenzen geschlossen und die internationale Berichterstattung unterbrochen. In der Folge kam es zu Ausschreitungen: Wütende Jugendliche zündeten Autoreifen an, zerstörten Telefonzellen und rissen Plakate nieder.

Nach den jüngsten Entwicklungen befürchten Beobachter nun eine Eskalation der Gewalt: "Das Risiko von Gewalt zwischen den Anhängern beider Parteien und die Unterdrückung wirklicher oder vermeintlicher Anhänger Ouattaras durch ivorische Sicherheitskräfte ist sehr hoch", erklärte Corinne Dufka von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

Gbagbos erneute Vereidigung sei nicht einmal in der Regierung unumstritten, berichtete der britische Rundfunksender BBC am Samstag. Regierungschef Guillaume Soro reichte seinen Rücktritt ein und erklärte seine Unterstützung für Ouattara.

Es war die erste Wahl seit der Teilung der Elfenbeinküste 2002: Die von den Christen unterstützte Regierung herrscht lediglich im Süden des Landes, der zumeist muslimische Norden ist in Rebellenhand. Seit einer Friedensvereinbarung 2007 sind die Rebellen jedoch in die Verwaltung des Landes eingebunden.

Gbagbos fünfjähriges Mandat ist bereits 2005 abgelaufen. Seither wurde die Wahl etliche Male verschoben. Zunächst behauptete der Präsident, die Lage im Land sei zu volatil und die Sicherheit nicht gewährleistet. Danach behinderten angeblich Formsachen wie die Erstellung von Wählerlisten die Durchführung der Wahlen.

Mit der jüngsten Abstimmung sollte eigentlich die Stabilität in dem ehemals wohlhabenden Staat wiederhergestellt werden. Das Gegenteil scheint jedoch der Fall: Bereits vor Bekanntgabe der Wahlergebnisse waren mindestens vier Menschen bei einem Überfall auf ein Büro Ouattaras von paramilitärischen Kräften getötet und mehr als ein Dutzend weitere verletzt worden.

"Der Wille der Menschen muss respektiert werden"

Weltweit werden die Ereignisse rund um die Wahl in der Elfenbeinküste mit Sorge beobachtet: EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte am Samstag in Brüssel, Oppositionskandidat Ouattara sei der "rechtmäßige Sieger" der Präsidentenwahlen. "Ich rufe alle politischen Kräfte auf, die Wahlergebnisse zu respektieren, Verantwortung zu zeigen und nicht gewaltsam zu handeln."

Zuvor hatte US-Präsident Barack Obama Gbagbo aufgefordert, seine Niederlage einzugestehen.Wahlbeobachter und die Vereinten Nationen hätten den Sieg Ouattaras bestätigt, erklärte er. "Ich appelliere an alle Seiten, den amtierenden Präsidenten Laurent Gbagbo eingeschlossen, dieses Resultat anzuerkennen und zu respektieren." Die Elfenbeinküste müsse in Richtung einer friedlichen und demokratischen Zukunft aufbrechen, nach langen Jahren des Konflikts und der verpassten Gelegenheiten.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gratulierte Ouattara zum Erfolg. Ban berief sich dabei auf seinen Sonderbeauftragten in der Elfenbeinküste, der sich dem Ergebnis der Wahlkommission in Abidjan angeschlossen hatte. "Der Wille der Menschen von Elfenbeinküste muss respektiert werden", mahnte Ban.

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