Süddeutsche Zeitung

Maaßen zu CDU/AfD-Koalitionen:CDU-Generalsekretär Ziemiak schließt Kooperation mit AfD aus

  • Maaßen zu Koalitionen von CDU und AfD: "Man weiß nie."
  • CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hingegen schließt eine Kooperation mit der AfD aus.
  • Ex-Bundespräsident Gauck wirbt für mehr "Toleranz in Richtung rechts".

"Ich glaube, in der jetzigen Situation werden wir es auch ausschließen, dass es zu einer derartigen Koalition kommt, aber man weiß nie", sagte Hans-Georg Maaßen am Samstag im Deutschlandfunk. Ziel sei es, dass die CDU bei den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen im Herbst stärkste Partei werde. Er könne sich durchaus vorstellen, dass das erreichbar sei. Maaßen zeigte sich überzeugt, dass die CDU in den drei ostdeutschen Ländern auch ohne die AfD eine Koalition bilden könne.

Insbesondere in Thüringen glaube er nicht, dass eine Kooperation mit der AfD unter dem dortigen Landesvorsitzenden Björn Höcke möglich sei. "Um eine Koalition zu bilden, braucht man gemeinsame Werte und Überzeugungen. Die sehe ich derzeit jedenfalls nicht", sagte er. Maaßen ist Mitglied der Werte-Union, einer konservativen Gruppierung innerhalb von CDU und CSU, die am Samstag zu ihrem Bundestreffen in Filderstadt bei Stuttgart zusammenkam.

Der frühere Verfassungsschutzchef sollte dort eigentlich als Gastredner auftreten - sendete aber nach einem Flugausfall nur eine Videobotschaft. "Wer permanent Probleme ignoriert oder sie nicht wahrnehmen will, wer sie kleinredet oder Probleme nicht als Probleme ansieht, wird irgendwann mit der Realität konfrontiert werden und scheitern", sagte Maaßen weiter. Die Menschen in den ostdeutschen Bundesländern fragten, warum immer noch so viele Ausländer kämen, die keinen Asylgrund hätten. Es gehe um innere Sicherheit, die Angst um die eigene Sicherheit und das Thema Meinungsfreiheit, sagte der Ex-Behördenleiter.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak erteilte einer Kooperation zwischen CDU und AfD hingegen eine klare Absage: "Wir in der CDU unterscheiden zwischen konservativ & reaktionär, wir unterscheiden zwischen berechtigten Anliegen der Bürger und nationalistischer Propaganda", schrieb Ziemiak am Samstagabend bei Twitter. "Deswegen wird die CDU mit der AfD (und der Linkspartei) nie kooperieren. Wir sind die bürgerliche Kraft!"

Zuvor hatte der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle im Handelsblatt gefordert: "Maaßen ist der beste Wahlkämpfer für die AfD. Die Union muss sich von seinen wirren Einlassungen distanzieren."

Merkel-Kritiker in der Union drischt auf Daniel Günther ein

Die Wahlergebnisse und die Umfragen zeigten, dass der Kurs der Vergangenheit der CDU-Parteiführung krachend gescheitert sei, sagte hingegen der Bundeschef der Werte-Union, Alexander Mitsch. "Es darf kein "Weiter-so" geben." Mitsch forderte eine Abgrenzung der Union nach links und prangerte eine Äußerung des Regierungschefs von Schleswig-Holstein, Daniel Günther (CDU), an. Wenn Günther in einem Spiegel-Interview mit dem Ministerpräsidenten von Thüringen, Bodo Ramelow (Linke), darüber schwadroniere, dass die Zeit der Ausgrenzung vorbei sei, sei das ein grottenfalsches Signal und fast parteischädigend.

Mitsch bezeichnete die Grünen als "Ökopopulisten". Sie täten so, als ob es einfache Lösungen gebe, um die Welt zu retten. Er warnte die CDU davor, sich den Grünen thematisch anzunähern. Vielmehr müsse die Union ihre Kernkompetenzen, etwa in der inneren Sicherheit, schärfen.

Die Werte-Union gründete sich 2017 als Verein - vor allem auch als Reaktion auf die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Werte-Union sieht sich als Vertretung der konservativen Strömung in der Union, ist aber keine offizielle Parteigliederung. Laut Mitsch hat sie bundesweit mehr als 2000 Mitglieder. Mitsch wurde am Samstag für weitere zwei Jahre im Amt des Bundesvorsitzenden bestätigt. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) twitterte anlässlich des Treffens unter dem Hashtag "Maaßen": "Heute eigentliche CDU-Zerstörer am Werk. Durch nichts legitimiert und nichts Gutes im Sinn."

Viel Applaus erntete in Filderstadt der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, für seine Worte zur inneren Sicherheit. Auch er sieht die Zukunft von CDU und CSU düster: Wenn sich die Union weiter von der Lebensrealität der Menschen entferne, laufe sie Gefahr, das gleiche Schicksal wie die SPD zu erleiden.

Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck wünscht sich unterdessen eine "erweiterte Toleranz in Richtung rechts". Toleranz fordere, "nicht jeden, der schwer konservativ ist, für eine Gefahr für die Demokratie zu halten und aus dem demokratischen Spiel am liebsten hinauszudrängen", sagte Gauck dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. "Wir müssen zwischen rechts - im Sinne von konservativ - und rechtsextremistisch oder rechtsradikal unterscheiden."

Gauck vertrat die Ansicht, die CDU müsse für einen bestimmten Typus des Konservativen wieder eine Heimat werden. Das gelte für Menschen, für die Sicherheit und gesellschaftliche Konformität wichtiger seien als Freiheit, Offenheit und Pluralität. Früher seien diese Menschen in der CDU/CSU von Alfred Dregger und Franz Josef Strauß beheimatet gewesen. "Doch seitdem die CDU sozialdemokratischer wurde, sind die heimatlos geworden."

Gauck verlangte zugleich, klare Grenzen zu ziehen. "Es ist Schluss mit Nachsicht, wenn Menschen diskriminiert werden oder Recht und Gesetz missachten", betonte das frühere Staatsoberhaupt. "Das ist offen zu verurteilen und unter Umständen ein Fall für Staatsanwälte und Richter." Man müsse aber darüber streiten, wo man die Grenzen ziehe. Solange das Grundgesetz nicht verletzt werde, sondern nur unangenehme Thesen vertreten würden, sei das Ausdruck einer offenen Gesellschaft.

"Wir verlieren uns selbst, wenn wir so tun, als wäre es zu gefährlich, in großer Offenheit Probleme zu debattieren, weil das Volk sofort wieder umkippen könnte und eine Diktatur wählen würde", sagte Gauck. Ein problematischer Weg sei es, dass die Wahl eines AfD-Abgeordneten zum Vizepräsidenten des Bundestages bisher blockiert wurde. Natürlich habe jeder Abgeordnete das Recht, zu wählen, wen er wolle. "Aber ich frage mich, ob es politisch nützlich ist, jeden Kandidaten der AfD abzulehnen."

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