Süddeutsche Zeitung

SPD:Der Außenminister steht zwischen den Fronten

  • Bundesaußenminister Maas sagt auf internationaler Bühne, dass Deutschland uneingeschränkt zum Nato-Bündnis stehe. Auf Zusagen wie das Zwei-Prozent-Ziel sei Verlass.
  • In der SPD stößt er damit auf Kritik. Auf dem Parteitag wird er erst in der zweiten Runde in den Vorstand gewählt.
  • Für Maas dürfte es schwieriger werden, die Erwartungen der SPD mit den außenpolitischen Gegebenheiten und vielleicht auch mit seinen Überzeugungen zu verbinden.

Von Daniel Brössler, Berlin

Der Außenminister fand es an der Zeit für einen leidenschaftlichen Appell. "Uns ist eine starke, eine handlungsfähige Nato wichtig, weil sie Eckpfeiler unseres multilateralen sicherheitspolitischen Engagements ist", sagte Heiko Maas. Er beschwor den Zusammenhalt des Bündnisses, denn darin liege seine Stärke. "Dieser Zusammenhalt garantiert seit 70 Jahren die Sicherheit Europas, und er wird auch in Zukunft für unsere Sicherheit essenziell sein", betonte er.

Die Rede ist vergleichsweise frisch, der Außenminister hat sie Ende November beim "Berlin Foreign Policy Forum" der Körber-Stiftung gehalten. Als Maas dann dieses Wochenende beim SPD-Parteitag 18 Minuten lang über Außen- und Sicherheitspolitik sprach, ging es um Europa, die EU-Erweiterung und Abrüstung. Die Nato erwähnte der Außenminister mit keinem Wort.

Die finanz- und wirtschaftspolitischen Beschlüsse des Parteitags - etwa zur Abschaffung der Schuldenbremse - haben das Augenmerk naturgemäß zunächst auf Finanzminister Olaf Scholz gelenkt, der seit seiner Niederlage bei der Vorsitzendenkür durch die Mitglieder ohnehin als stark geschwächt gelten kann.

Alles andere als leichter geworden aber ist auch das Leben von Heiko Maas. In den SPD-Vorstand wurde er erst im zweiten Anlauf gewählt, was auch daran liegen mag, dass er als Sozialdemokrat aus dem kleinen Saarland über eine schmale Machtbasis verfügt. Als Vertrauensbeweis für seine Politik aber wird Maas die Abstimmung nicht werten können. Für den Außenminister dürfte es noch schwieriger werden, die Erwartungen der Partei mit den außenpolitischen Gegebenheiten und womöglich auch mit seinen Überzeugungen in Einklang zu bringen. Nach seinem Amtsantritt hatte Maas etwa noch mit pointierter Kritik an einer Politik Russlands überrascht, die er als "zunehmend feindselig" brandmarkte. In der SPD kam das nicht gut; Maas äußert sich mittlerweile sehr viel zurückhaltender.

Interessant wird sein, ob das künftig auch für die Nato gilt. Den Ton gab beim Parteitag Co-Parteichef Norbert Walter-Borjans an mit der Parole "Ausrüstung ja, Aufrüstung nein" und der Feststellung, das Zwei-Prozent-Ziel der Nato sei nicht sein Maßstab. Maas, der die Forderungen der Verbündeten nach höheren deutschen Verteidigungsausgaben immer wieder persönlich zu hören kriegt, hatte noch im Juli in Washington gelobt: "Deutschland steht uneingeschränkt zum Bündnis in der Nato. Auf unsere Zusagen ist Verlass."

Maas wirbt für die Fortsetzung etlicher Auslandseinsätze der Bundeswehr

Darüber, wie weit er damit weg ist von der Stimmung in der SPD, macht sich Maas augenscheinlich keine Illusionen. Im von ihm eingebrachten Parteitagsbeschluss "Frieden sichern, Zukunft gestalten" kommt die Nato nur dreimal vor: im Zusammenhang mit dem Nato-Russland-Rat, im Zusammenhang mit der Forderung, Rüstungsexporte zu begrenzen, und im Zusammenhang mit dem Verhältnis zu den USA, das aus weit mehr bestehe als "aus dem Nato-Bündnis". In seiner Parteitagsrede grenzte sich Maas scharf ab von Forderungen der CDU-Chefin und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, militärisch mehr Verantwortung zu übernehmen. "Die sozialdemokratische Außenpolitik ist eine, bei der die militärische Zurückhaltung ein Kernelement ist und auch bleiben wird", stellte er klar.

Dennoch wird Maas in den kommenden Monaten - so die Koalition hält - für die Fortsetzung etlicher Auslandseinsätze der Bundeswehr werben müssen. Leichter wird auch das nicht. Für eine kurzfristige Fortsetzung der Anti-IS-Mission für den Irak und Syrien hatte Maas Fraktionschef Rolf Mützenich zuletzt nur mit Mühe gewinnen können. Man könne der SPD ja einiges vorwerfen, sagte Maas am Montag im Deutschlandfunk, nicht aber, "dass sie auf diesem Parteitag nicht gesagt hat, wohin die Reise mit der SPD politisch gehen soll". Allerdings meinte er da die Finanz- und Sozialpolitik.

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SZ vom 10.12.2019/saul
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