Süddeutsche Zeitung

Ukrainekonflikt:Maas warnt Russland und Ukraine vor "gefährlichen Missverständnissen"

Trotz geltender Waffenruhe kommt es am Wochenende zu neuen tödlichen Angriffen im Donbass. Ukrainische Streitkräfte und prorussische Separatisten machen sich gegenseitig Vorwürfe.

Von Daniel Brössler, Berlin, Florian Hassel, Belgrad, und Matthias Kolb, Brüssel

Nach scharfen Tönen aus Moskau und Bewegungen russischer Truppen an der Grenze haben westliche Staaten der Ukraine ihre Solidarität zugesichert. "Die Lage an der russisch-ukrainischen Grenze und die jüngsten russischen Truppenbewegungen haben wir genau im Blick und sind dazu auch in den letzten Tagen in ständigem Kontakt mit den Partnern", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Montag der Süddeutschen Zeitung. "Ich habe meinem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba versichert, dass wir und die europäischen Partner fest zur territorialen Integrität der Ukraine stehen." Entscheidend sei, dass die Waffenruhe im Donbass, die seit vergangenem Jahr gehalten habe, jetzt nicht gefährdet werde. "Diese Erwartung haben wir auch gegenüber Russland deutlich gemacht", sagte Maas.

Der Außenminister beklagte "die auffällige Zunahme von Fake News und Desinformationskampagnen in den sozialen Medien in den letzten Tagen". Dies erhöhe "die Gefahr von gefährlichen Missverständnissen". Umso wichtiger seien jetzt Transparenz und ungehinderter Zugang der Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE). Gemeinsam mit Frankreich habe man angeboten, im Normandie-Format "bei Schritten zur Deeskalation zu unterstützen".

Am Sonntag sicherte auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell der Ukraine die "uneingeschränkte Unterstützung" der EU zu. Nach einem Telefonat mit Außenminister Kuleba schrieb Borrell auf Twitter, dass er Russlands militärische Aktivitäten rund um die Ukraine "mit großer Sorge" beobachte und versicherte, dass die EU "die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine" unterstütze. Auch US-Präsident Joe Biden versicherte seinem ukrainischen Kollegen Wolodimir Selenskij, dass er auf die "unerschütterliche Unterstützung" Amerikas für die Souveränität des Landes zählen könne.

Russland warnt vor Eskalation

Russland warnte derweil vor einer Eskalation und verwies auf den Tod eines fünf Jahre alten Kindes im Konfliktgebiet. "All das ist eine bittere Folge der ungelösten Situation, mehr noch, eine Folge der erhöhten Spannung an der Trennlinie", sagte Kremlsprecher Dmitrij Peskow am Montag. Die Ukraine und die prorussischen Separatisten hatten sich am Wochenende gegenseitig für den Tod des Kindes verantwortlich gemacht.

Das ukrainische Militär registrierte nach Hunderten Explosionen und starkem Beschuss an den Vortagen am Sonntag nur an einer Stelle der über 400 Kilometer langen Front in der Ostukraine einen Beschuss einer ukrainischen Stellung mit Granatwerfern durch von Moskau kontrollierte Einheiten. In Kiew hatte Armeekommandeur Ruslan Chomtschak in der vergangenen Woche beschwichtigt, trotz der Meldungen über russische Truppenbewegungen glaube der ukrainische Generalstab nicht an einen unmittelbar bevorstehenden Krieg. Präsident Selenskij flog am Montag mit seiner Frau zu einem Staatsbesuch ins Golfemirat Katar.

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