Luxemburg:Regierungswechsel möglich

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Laut Umfragen droht der regierenden Koalition aus Liberalen, Sozialdemokraten und Grünen das Aus. Im Wahlkampf konnte keine Partei begeistern, Beobachter sprechen sogar von einer "Wahlkampf­verweigerung".

Von Thomas Kirchner, Brüssel

Nach der Parlamentswahl in Luxemburg ist vorerst offen, ob die seit 2013 regierende linksliberale Drei-Parteien-Koalition an der Macht bleibt. Nach vorläufigen Ergebnissen vom Sonntagabend verliert sie insgesamt einen Sitz, behält aber eine knappe Mehrheit von 31 der insgesamt 60 Sitze in der Abgeordnetenkammer. Die Grünen gewannen demnach drei Sitze hinzu, die Sozialdemokraten verloren drei, und die Liberalen von Premierminister Xavier Bettel gaben einen Sitz ab. Bettel sprach von einem "Signal der Wähler, die Politik der vergangenen fünf Jahre fortzusetzen". Die konservative Christlich Soziale Volkspartei (CSV), die bisher in der Opposition war, blieb zwar stärkste Partei, verlor aber überraschend viele Stimmen und zwei Mandate, statt wie erwartet zuzulegen. CSV-Spitzenkandidat Claude Wiseler hatte sich Hoffnungen gemacht, Bettel als Premier abzulösen. Seit 1953 stellten die Christsozialen 55 Jahre lang die Regierungschefs. Die rechtskonservative ADR verbesserte sich um einen auf vier Sitze.

Während sich Bettel vor der Wahl nicht festgelegt hatte, plädierten der sozialdemokratische Wirtschaftsminister Etienne Schneider und der grüne Spitzenkandidat François Bausch für eine Fortsetzung von "Gambia". So wird die Koalition genannt, weil ihre Parteifarben rot, blau und grün der gambischen Flagge entsprechen.

2013 hatte die Macht unter dramatischen Umständen gewechselt. Die CSV erhielt die Quittung für eine Geheimdienstaffäre um illegale Abhöraktionen und verbreitete Unzufriedenheit über den zunehmend unmotiviert wirkenden Premier Jean-Claude Juncker. Sie sank von 26 auf 23 Sitze ab. Zwar blieb sie damit deutlich stärkste Partei, doch hatten Bettel und Schneider sich insgeheim verabredet und machten das neue Bündnis noch in der Wahlnacht komplett. Die CSV musste in die Opposition. Juncker, so heißt es, war sich seiner Sache so sicher, dass er nicht einmal die Telefonnummern möglicher Partner zur Hand hatte.

Der Coup sorgte für böses Blut in Luxemburg, und man hätte annehmen können, dass die Spätfolgen den Wahlkampf beleben. Stattdessen galt er als der fadeste seit Langem, obwohl es Probleme gibt. Am meisten beschäftigen die Luxemburger die Wohnungsnot und die quälenden Staus rund um die Hauptstadt. Innerhalb von zehn Jahren hat die Bevölkerung um rund 100 000 auf 600 000 Bewohner zugenommen. Knapp die Hälfte davon sind nicht-wahlberechtigte Ausländer. Aus Deutschland, Frankreich und Belgien pendeln täglich etwa 200 000 Menschen nach Luxemburg. Die Miet- und Kaufpreise sind so stark gestiegen, dass junge Luxemburger in der Regel auf Hilfe der Eltern angewiesen sind.

© SZ vom 15.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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