Luftaufklärung:Späher mit Weitblick

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Ausbildung von Piloten und Kamerabedienern am "Heron TP". (Foto: Bundeswehr)

In Israel lernen deutsche Soldaten die nächste Generation unbemannten Fluggeräts kennen.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Nof

Etwa zehn Minuten dauert der letzte Check, dann kann es losgehen: Sechs Crews aus Bundeswehrpiloten üben derzeit auf dem israelischen Luftwaffenstützpunkt Tel Nof den Umgang und die Aufklärung mit dem unbemannten Fluggerät Heron TP. Dieses ferngelenkte Luftfahrzeug mit einer Spannweite von 26 Metern, nur von Laien Drohne genannt, kann bis zu 27 Stunden in der Luft bleiben. Es ist mit zwei optischen Kameras und einer Infrarotkamera ausgestattet. Heron TP soll Ende nächsten Jahres bei der Bundeswehr die Aufklärungsdrohne Heron 1 ablösen und bei Einsätzen in Afghanistan und Mali eingesetzt werden.

Fünf Fluggeräte und vier Bodenstationen sollen noch dieses Jahr beim israelischen Hersteller Israel Aerospace Industries bestellt und nach deutschen Vorgaben angepasst werden. Die Technik wird aber nicht gekauft, sondern mit einem Dienstleistungsvertrag zur Verfügung gestellt. Die Gesamtkosten inklusive Ausbildung und dem Einsatz in den zwei Gebieten betragen 1,2 Milliarden Euro.

Den Unterschied zwischen Heron 1 und Heron TP beschreibt der Pilot, Major Wolfram Petri, so: "Dieser Flieger ist schneller, höher, weiter. Wir sind schneller am Einsatzgebiet und haben mehr Zeit, um die Truppe zu unterstützen." Der Kamerabediener, Major Andreas Zander, sieht den Vorteil darin, dass mit dem Heron TP Aufklärung aus viel größerer Distanz möglich ist: "Wir könnten auf zwanzig Kilometer ein Nummernschild erkennen." Mit dem Heron 1 könne man aus einer Distanz von sechs bis acht Kilometern nur erkennen, um welches Fahrzeug es sich handle.

Die israelische Armee nennt die Mission "Roter Baron" - zur Überraschung der Deutschen

In der zweiten Jahreshälfte werden nach Angaben von Gruppenleiter Oberst Andreas Pfeifer bis zu fünf Personen in Israel stationiert und weitere Bundeswehrsoldaten für jeweils acht Wochen ausgebildet. Die israelische Armee hat übrigens die Ausbildungsmission zur Überraschung der deutschen Kollegen "Roter Baron" genannt - das war der Beiname von Manfred von Richthofen, dem legendären Jagdflieger im Ersten Weltkrieg.

Von den Linken im Bundestag gibt es Kritik daran, dass Fluggeräte vom Typ Heron TP bereits technische Vorrichtungen für eine Bewaffnung enthalten. Das Verteidigungsministerium versichert indes, dass vor einer Bewaffnung erst ein Mandat des Bundestags eingeholt werde. Auch die Bundeswehrsoldaten auf dem israelischen Stützpunkt beteuern, dass der Umgang mit Waffen nicht zu ihrer Ausbildung gehöre. "Das ist eine reine Systemausbildung. Grundsätzlich ist dieses unbemannte Luftfahrzeug bewaffnungsfähig, aber diese Option wurde nicht gezogen", erklärt Pilot Petri.

Die israelische Armee ist weltweit führend beim Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge. Mehr als tausend israelische Soldaten wurden bereits zum Piloten oder Kamerabediener ausgebildet. Gleich drei israelische Unternehmen - Elbit, Rafael und Israel Aerospace Industries - stellen diese Fluggeräte her, sowohl für den heimischen Markt als auch für den Export.

Im Hangar auf dem Luftwaffenstützpunkt Palmachim, etwa 26 Kilometer von Tel Nof entfernt, stehen Dutzende Drohnen vom Typ Hermes 450. Mit seiner Flügelspannweite von zehn Metern ist dieses unbemannte Luftfahrzeug deutlich kleiner als der Heron TP. In einem Container, der mit sechs Monitoren und allerlei Elektronik ausgestattet ist, werden die Aufzeichnungen ausgewertet. Seit 1999 werden Aufklärungsdrohnen dieses Typs genutzt.

Die israelische Armee setzt immer stärker auf diese unbemannten Luftfahrzeuge, inzwischen sind mehr als 400 verschiedene Typen im Einsatz. Der Vorteil gegenüber Aufklärungsflugzeugen ist, dass diese Geräte länger als zehn Stunden in der Luft bleiben können, erklärt der israelische Kommandant. Außerdem sei ihr Einsatz kostengünstiger, und mehrere Teams könnten sich abwechseln. Mehr als 70 Prozent der Flugstunden, die in der israelischen Armee geleistet werden, entfallen inzwischen auf unbemannte Fluggeräte. Der Großteil der Aufklärungsflüge findet über dem Gazastreifen statt.

© SZ vom 21.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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