Klimaproteste:Lützerath wird geräumt

Klimaproteste: Demonstranten sitzen während der Räumung des Dorfes Lützerath auf Konstruktionen aus Balken.

Demonstranten sitzen während der Räumung des Dorfes Lützerath auf Konstruktionen aus Balken.

(Foto: Federico Gambarini/dpa)

Mit großem Aufgebot rückt die Polizei in das Dorf vor, das für den Braunkohleabbau weichen soll. Es kommt zu Rangeleien mit Klimaaktivisten, doch die befürchtete massive Konfrontation bleibt aus. 

Von Michael Bauchmüller und Thomas Hummel

Die befürchtete massive Konfrontation mit Aktivistinnen und Aktivisten ist ausgeblieben, als die Polizei am Mittwochmorgen mit einem großen Aufgebot damit begonnen hat, den Ort Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier zu räumen. Zwischen Beamten und Aktivisten kam es zu Rangeleien und Beschimpfungen, vereinzelt flogen Molotow-Cocktails, Steine und Flaschen. Dabei wurden nach Angaben des Aachener Polizeipräsidenten Dirk Weinspach zwei Polizisten leicht verletzt. Berichte zu Verletzten oder Festnahmen gab es zunächst nicht. Lützerath wird seit Monaten von Klimaschützern besetzt, die verhindern wollen, dass der Energiekonzern RWE die Braunkohle darunter abbaggert.

"Durch den Tagebau fährt endlos Polizei auf Lützerath zu", schrieben Aktivisten der Initiative "Lützerath lebt" am Mittwochmorgen um 8.07 Uhr in ihrem Telegram-Kanal. Etwa gleichzeitig wies das Verwaltungsgericht Aachen einen Einspruch gegen das Aufenthalts- und Betretungsverbot für den Ort ab. Anschließend drohte die Polizei mit der "Anwendung unmittelbaren Zwangs", rückte schnell vor, woraufhin viele der etwa 500 Aktivistinnen und Aktivisten das Gelände verließen. Ein Polizeisprecher erklärte später, es laufe alles nach Plan. Der Konzern RWE, dem der Boden wie auch die inzwischen verlassenen Häuser in Lützerath gehören, begann damit, einen Zaun um den Ort herum zu errichten.

Lützerath soll das letzte Dorf sein, das im Rheinischen Revier für den Braunkohletagebau geopfert wird. So lautet eine Vereinbarung zwischen den Wirtschaftsministerien des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen mit RWE. Aufgrund der Energiekrise und für eine sichere Stromversorgung müsse demnach die Braunkohle unter Lützerath abgebaut werden. Dafür soll bereits 2030 Schluss sein im Rheinland mit dem Kohleabbau, acht Jahre früher als geplant. Das Verbrennen von Kohle zur Energiegewinnung ist besonders klimaschädlich.

Die Protestbewegung gibt allerdings noch nicht auf. Am Mittwoch saßen Aktivisten noch in Baumhäusern oder auf Stelzenanlagen. Klimaforscher, Umweltorganisationen sowie 200 Prominente aus Kunst und Kultur fordern in einem offenen Brief den Stopp des Kohleabbaus. Für eine Demonstration am Samstag hat sich offenbar die bekannte schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg in Lützerath angekündigt.

Unterdessen verteidigte der grüne Vizekanzler und Klimaschutzminister Robert Habeck die Räumung. Zwar brauche Klimaschutz und Protest Symbole, sagte er in Berlin. "Aber die leer gezogene Siedlung Lützerath, wo keiner mehr wohnt, ist aus meiner Sicht das falsche Symbol." Vielmehr hätten sich durch die Einigung mit RWE einige Ortschaften erhalten lassen. Der Kompromiss "beendet verbindlich die Abbaggerei", sagte Habeck, wie es auch große Teile der Klimabewegung gefordert hätten. Dadurch erst habe RWE die nötige Rechtssicherheit, um in eine Versorgung jenseits der Braunkohle zu investieren.

Dies müsse man nun auch in anderen Teilen Deutschlands hinbekommen, sagte Habeck. Auch in der Lausitz oder in Mitteldeutschland wird noch Braunkohle gefördert. Das Kohleausstiegsgesetz lässt dies noch bis 2038 zu. Die Ampelkoalition nimmt sich vor, die Verstromung von Braunkohle "idealerweise" bis 2030 zu beenden.

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