Lützerath:Aktivisten besetzen Habeck-Büro in Flensburg

Lützerath: Von Aktivisten der Klimabewegung besetzt: Das Wahlkreisbüro von Robert Habeck in Flensburg.

Von Aktivisten der Klimabewegung besetzt: Das Wahlkreisbüro von Robert Habeck in Flensburg.

(Foto: Sebastian Iwersen)

Auch in Düsseldorf haben Kohlegegner die Kontrolle über die Grünen-Zentrale übernommen. Ein ziviles Einsatzfahrzeug ist in Flammen aufgegangen. Die Räumung von Lützerath sei fast abgeschlossen, sagt Aachens Polizeipräsident. Probleme macht ein unterirdisches Tunnelsystem.

Von Laurenz Gehrke, Oliver Klasen, Philipp Saul und Leonard Scharfenberg

Während die Polizei in Lützerath die Räumung des Dorfes vorantreibt, haben Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten an mehreren anderen Orten in Deutschland Solidaritätsaktionen gestartet. Diese haben zum Ziel, den Druck auf die Grünen zu erhöhen. Die Partei steht besonders in der Kritik der Klimabewegung, seit sie in Nordrhein-Westfalen einem Kompromiss zwischen Landesregierung und dem Energiekonzern RWE zugestimmt hat, der zwar einen früheren Kohleausstieg, aber eben auch die Abbaggerung von Lützerath vorsieht.

Eine Gruppe, die sich "Interventionistische Linke" nennt, hält seit etwa 15 Uhr die Landesparteizentrale der Grünen in Düsseldorf besetzt, wie die Polizei und Martin Lechtape, der Pressesprecher der NRW-Grünen, der Süddeutschen Zeitung bestätigten. "Wir haben sie aufgefordert zu gehen und die Polizei gerufen", so Lechtape. Die Aktivisten fordern auf Twitter, die Landesvorsitzende Mona Neubaur möge ein Moratorium zum Stopp der Räumung in Lützerath durchsetzen.

Auch in Flensburg gab es eine Aktion von Klimaaktivisten: Dort hat die Gruppe "Ende Gelände" das Regionalbüro von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck besetzt, wie das Flensburger Tageblatt berichtet. Habeck hatte die Proteste in Lützerath zuvor kritisiert. Der Ort sei "das falsche Symbol", sagte er am Mittwochabend im ZDF. Lützerath stehe nicht für "das Weiter-so der Energiepolitik der Vergangenheit", sondern sei im Gegenteil der "Schlussstrich" unter die Verstromung der Braunkohle.

Habeck wertet das Vorziehen des Kohleausstiegs von 2038 auf 2030 im Rheinischen Revier als Erfolg und die Aufgabe von Lützerath als notwendiges Übel. Dass in den vergangenen Monaten vorübergehend mehr Braunkohle zur Verstromung genutzt werden musste, gefalle ihm nicht, so Habeck. Es sei aber wegen des Krieges in der Ukraine und wegen der Energiekrise unabdingbar gewesen.

Aktivisten macht das regnerische und stürmische Wetter zu schaffen

Am Rande des Einsatzes ist ein ziviles Einsatzfahrzeug der Polizei in Flammen aufgegangen. "Wir gehen definitiv von einer Brandstiftung aus", sagte ein Polizeisprecher. Das Fahrzeug habe in der Nähe des Protestcamps in Keyenberg gestanden und sei durch ein Blaulicht auf dem Dach eindeutig als Polizeiauto zu erkennen gewesen. Man gehe davon aus, dass die Täter die Scheibe eingeschlagen und eine brennbare Flüssigkeit in das Auto geschüttet hätten.

Lützerath: Ein Polizist benutzt eine Brechstange, um das Fenster einer Holzhütte zu öffnen. Am zweiten Tag der Räumung dringen die Beamten auch in die Gehöfte und Baumhäuser vor.

Ein Polizist benutzt eine Brechstange, um das Fenster einer Holzhütte zu öffnen. Am zweiten Tag der Räumung dringen die Beamten auch in die Gehöfte und Baumhäuser vor.

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Den Aktivisten in Lützerath macht das regnerische und stürmische Wetter zu schaffen. Die Situation sei besonders für jene Menschen, die sich in den Baumhäusern befinden, gefährlich, sagte eine Sprecherin der "Lützi bleibt"-Initiative. Einige Aktivisten haben offenbar auch einen Tunnel auf dem Gelände gegraben und sich darin verschanzt, sie behaupten, es gebe ein ganzes "Tunnelsystem" unter dem Ort. Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach hat die Existenz von "unterirdischen Strukturen" bestätigt.

Die Räumung des Braunkohleorts Lützerath ist nach Angaben von Weinspach weit fortgeschritten. "Die Räumung der überirdischen Strukturen ist weitgehend abgeschlossen", sagte er am Donnerstagabend im WDR. "Wir haben fast alle Häuser geräumt bis auf eins. Es ist die Wiese geräumt, ein Großteil der Baumhäuser ist geräumt. Insofern bleibt gar nicht mehr so viel über", sagte er.

Wie lange der Einsatz nun noch dauern werde, könne man trotzdem nicht sagen. Verzögert werden könnte die Räumung durch unterirdische Gänge, die am Donnerstag entdeckt wurden. Dort halten sich nach Erkenntnissen der Polizei noch Aktivisten auf. "Wie lange jetzt die Räumung aus den unterirdischen Bodenstrukturen dauern wird, das ist nicht abzusehen. Da wird es auch darauf ankommen, ganz vorsichtig vorzugehen und keine Risiken einzugehen", sagte der Polizeipräsident.

Mit Material der Nachrichtenagentur dpa

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