Nordrhein-Westfalen:Lützerath lebt nicht mehr lange

Nordrhein-Westfalen: Dirk Weinspach, der Polizeipräsident von Aachen, überwachte schon 2018 die Räumung von Baumhäusern im Hambacher Forst. Nun tickt wohl die Uhr auch für den Weiler "Lützi".

Dirk Weinspach, der Polizeipräsident von Aachen, überwachte schon 2018 die Räumung von Baumhäusern im Hambacher Forst. Nun tickt wohl die Uhr auch für den Weiler "Lützi".

(Foto: David Young/dpa)

Noch ist der Weiler am Rande des Tagebaus Garzweiler von Klimaschutz-Aktivisten besetzt. Doch nun verdichten sich die Anzeichen dafür, dass die Polizei dieses Symbol für den Widerstand gegen den Abbau von Braunkohle schon bald räumen wird.

Von Christian Wernicke, Düsseldorf

Die rheinische Ortschaft Lützerath, seit Monaten bundesweites Symbol des Widerstands der Klimabewegung gegen den Abbau von Braunkohle, wird zu Jahresbeginn 2023 geräumt und abgerissen. Das zeichnet sich ab, nachdem der Kreis Heinsberg diese Woche eine so genannte "Allgemeinverfügung" erlassen hat: Demnach müssen die derzeit etwa achtzig bis einhundert Aktivisten, die dort in Hütten, Baumhäusern und leer stehenden Gebäuden leben, den Weiler von diesem Freitag an verlassen. Bleiben sie, so droht den Bewohnern von der zweiten Januarwoche der die Zwangsräumung.

Das Polizeipräsidium Aachen bereitet seit mehreren Wochen einen Großeinsatz in dem Ort am Rande des Tagebaus Garzweiler II vor. Mehrere Umweltgruppen riefen am Donnerstag zu einer Großdemonstration in Lützerath am 14. Januar auf.

Rein theoretisch lässt die Verfügung eine Räumung von Lützerath vom 10. Januar an zu. Der Landrat des Kreises Heinsberg, Stephan Pusch (CDU), und der zuständige Polizeipräsident von Aachen, Dirk Weinspach, planen jedoch an diesem Tag noch Bürger-Informationsveranstaltung in der Stadt Erkelenz, zu der Lützerath gehört. Deshalb gilt eine Räumung des Weilers vor dem 11. Januar als ausgesprochen unwahrscheinlich.

Offen ist noch, ob Umweltschützer gegen die Verfügung zur Räumung - und zum abschließenden Abbaggern des Ortes durch den Energiekonzern RWE - vor einem Verwaltungsgericht klagen werden. Vor vier Jahren war der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) mit juristischen Mitteln gegen gegen die damals geplante Rodung des Hambacher Forsts vorgegangen. Damals gehörte dem BUND ein kleiner "Protestacker," der unmittelbar von Braunkohlebaggern bedroht schien. In Lützerath ist der BUND hingegen nicht direkt betroffen. "Uns fehlt die Rechtsgrundlage für eine Klage," bestätigte Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND in NRW, der Süddeutschen Zeitung.

Ein Sprecher der Aktivisten von "Lützerath lebt" im Protest-Camp konnte der SZ am Donnerstag nicht sagen, ob einzelne Besetzer des Orts gegen die Räumung klagen würden. Einige Bewohner hatten zwar einen Mietvertrag mit dem letzten Bauern von Lützerath abgeschlossen - doch seit Oktober ist die gesamte Ortschaft ins Eigentum von RWE übergegangen. Die Aktivisten hoffen, dass Mitte Januar mehrere tausend Menschen nach Lützerath kommen und sich einer Räumung widersetzen. Per Selbstverpflichtung im Internet haben 11 000 Personen bisher erklärt, sie wollten sich einer Räumung des Symboldorfs widersetzen.

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