Lügen über das Tiananmen-Massaker:Die Unterdrückung geht weiter

Lesezeit: 3 min

The flag of China is burned during a memorial service in Los Angeles on...

Demonstranten verbrennen drei Tage nach dem Massaker in Los Angeles eine chinesische Flagge

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PR)

Dass Chinas Regierung die Demokratiebewegung vor 25 Jahren blutig niedergeschlug, sei wichtig für die Entwicklung des Landes: Es ist erschreckend, wie viele Chinesen solche Lügen ihrer Regierung glauben. Und die Propaganda wird immer dreister.

Ein Gastbeitrag von Chang Ping

Es ist nun ziemlich genau fünf Jahre her, dass ich als Gastwissenschaftler an der Universität in Hongkong war, also just zu jener Zeit, als sich die gewaltsame Niederschlagung der Demokratiebewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking zum 20. Mal jährte. Was ich damals in Hongkong erlebte, war eine extreme politische Zerrissenheit: Auf der einen Seite chinesische Studenten, die in der Volksrepublik aufgewachsen waren, und auf der anderen ihre Kommilitonen aus Hongkong.

Die Mehrheit der Studenten aus China bildete eine Gruppe, die den Einsatz bewaffneter Macht am 4. Juni 1989 und die Repressalien der Regierung in heftigen Auseinandersetzungen verteidigten. Ich hatte es zwar schon mehrfach erlebt, dass Chinesen, die im Ausland studieren, die Regierung in Peking in Schutz nehmen - manchmal tun sie das einfach aufgrund eigener Identitätsprobleme. Doch in Hongkong war ich von etwas anderem ausgegangen: Die meisten Studenten aus der Volksrepublik, so dachte ich, müssten doch verärgert darüber sein, dass ihnen jahrelang Fakten über das Geschehen vorenthalten wurden. Jetzt aber, nachdem sie zum ersten Mal in einer Gesellschaft mit Informationsfreiheit lebten und das volle Bild zu Gesicht bekamen, würden sie anders denken. Doch das Gegenteil war der Fall.

In der Volksrepublik China gibt es mehr und mehr Menschen, die glauben, dass es richtig gewesen sei, die 4.-Juni-Bewegung zu unterdrücken und somit die Ein-Parteien-Diktatur in China zu erhalten, da sonst die Wirtschaft in den vergangenen Jahren nicht so atemberaubend schnell gewachsen wäre.

Diese Erfahrung hat auch He Xiaoqing gemacht. Sie lehrt an der Universität in Harvard und gibt dort ein regelmäßiges Seminar zum 4. Juni. Auch sie sagt, dass es immer wieder Widerstand gegen ihren Kurs seitens chinesischer Studenten gegeben habe. Trotz der zahlreichen Bilder und Videos, die Belege sind für das blutige Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989, glaubten viele ihrer Studenten immer noch, dass die Führung so hätte handeln müssen - ohne die Panzer kein Wirtschaftswachstum, so lautet die These vieler Studenten heute.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema