Loveparade-Prozess:Viele tragen Schuld

Die Angehörigen der Opfer sind empört, weil es kein Urteil geben soll.

Von Jana Stegemann

Bei der Loveparade im Juli 2010 sterben in Duisburg 21 Menschen im Gedränge. Mindestens 652 Menschen werden psychisch und physisch verletzt, Hunderte Familien aus dem In- und Ausland traumatisiert. Wegen der Corona-Krise soll der Prozess nun nach 180 Verhandlungstagen ohne Urteil eingestellt werden, wie das Landgericht Duisburg vorgeschlagen hat. Es wird also wohl niemand juristisch für die Katastrophe von vor zehn Jahren zur Verantwortung gezogen werden.

Die Angehörigen sind verständlicherweise darüber entsetzt, sie sind wütend und enttäuscht. Versagt hat hier aber nicht der Rechtsstaat. Das Gericht hat seit Dezember 2017 den ehrenwerten Versuch unternommen, seinen Auftrag zur Aufarbeitung des Unglücks zu leisten. Es hat viele Zeugen gehört, viele Überlebende zu Wort kommen lassen. Das Gericht hat aus einer unmöglichen Situation das Bestmögliche gemacht.

Doch im Verfahren zeigte sich leider auch, es gibt so viele Mitverantwortliche bei der Stadt, der Polizei und dem Veranstalter, dass eines am Ende kaum gelingen konnte: Einzelnen Angeklagten die individuelle Schuld am Unglück und somit am Tod der Menschen nachzuweisen. Im Rechtsstaat darf es aber keine Verurteilung auf Grundlage einer kollektiven Verantwortung geben.

© SZ vom 08.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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